piwik no script img

Tod eines „Lebensfrohen“

■ Heimleitung geht vom Freitod des Mannes aus, der im Müllcontainer gefunden wurde

Nie zuvor hatte Nils S. angedeutet, seinem Leben ein Ende setzen zu wollen. Dennoch geht die Leitung der Zinnendorf-Stiftung davon aus, dass der schwerbehinderte Mann einen Zivildienstleistenden „psychisch unter Druck gesetzt hat“, ihn zum Sterben in eine Mülltonne zu legen. Am Freitag war die Leiche des 27-Jährigen in einem Müllcontainer auf dem Gelände des Pflegeheimes in Eppendorf gefunden worden.

„Wir vermuten, dass er sein Leiden nicht mehr ertragen konnte“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Zinnendorf-Stiftung, Uwe Schützendübel. Nils S. litt an Muskelschwund. Zum Schluss konnte er nur noch einen kleinen Finger und den Mund bewegen. An einen Freitod glaubt Schützendübel vor allem, weil Nils S. wohl seit Donnerstag im Container lag – und wusste, dass der am Freitag entleert werden würde.

Im Haus aber galt Nils S. als lebensfroher Mensch. Er war sehr beliebt. In seinem Appartement, so Hausleiterin Sonny Waldner, „hatte er eine sensationelle Atmosphäre verbreitet: Die anderen gingen dort gerne ein und aus“.

Am Sonntag hatte der Zivildienstleistende gestanden, Nils S. auf dessen Wunsch lebend in den Müllcontainer gelegt zu haben. Gegen ihn ermittelt nun die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung. Im Pflegeheim ist dieser 20-jährige weitgehend unbekannt. Er ist dort nicht angestellt, sondern wurde über eine Vermittlungsagentur geschickt. Sechs Mal hatte er Nils S. zuvor betreut. Als Konsequenz aus dessen Tod kündigte Schützendübel gestern an, auch die externen MitarbeiterInnen in die Strukturen des Hauses mit einzubeziehen – etwa in die Supervision, an der die festen MitarbeiterInnen teilnehmen.

Seit dem Tod von Nils S. sei die Stimmung unter den BewohnerInnen sehr bedrückt, sagt Hausleiterin Waldner. Sterbebegleitung sei ein häufiges Thema unter den oft schwersterkrankten Menschen. Aber, da seien sich alle einig: „Doch nicht so“. Elke Spanner

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen