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Wettlauf von Panik und Seuche

Die Maul- und Klauenseuche in Großbritannien ist nicht zu bremsen. Immer neue Fälle schüren Ängste bei den Bauern, die durch die Quarantänemaßnahmen auf sich allein gestellt sind. Das soziale Leben droht komplett einzubrechen

aus Dublin RALF SOTSCHECK

„Die Regierung ist fest entschlossen, die Seuche zu besiegen“, sagte der britische Landwirtschaftsminister Nick Brown gestern. Doch das Virus, das vor einer Woche die Maul- und Klauenseuche in Großbritannien ausgelöst hat, behält vorerst die Oberhand. Gestern sind vier weitere Fälle, von Wales bis Northamptonshire, aufgetreten. Insgesamt sind 16 Höfe befallen, bei mehreren Dutzend gibt es Verdachtsfälle.

Bisher sind in Britannien 7.000 Tiere getötet worden, doch die Zahl steigt stündlich. So ähnlich fing es auch 1967 bei der letzten großen Epidemie an: Nach einer Woche waren 23 Höfe betroffen, am Ende waren es 2.364.

„Es ist ein Alptraumszenario“, meint Anthony Gibson vom britischen Bauernverband. „Schlimmer könnte es gar nicht sein.“ Der Bauer George Thomas aus Devon, auf dessen Hof die Seuche am Montag festgestellt wurde, sagt: „Ich mache mir nachts jede Minute Sorgen um meine Rinder.“ Und Simon Whattler vom Bauernverband in Devon berichtet: „Die Panik verbreitet sich unter den Bauern schneller als die Seuche unter dem Vieh.“ Die Bauern seien völlig isoliert, weil sie sich nicht trauten, ihre Höfe zu verlassen oder Besuch zu empfangen. Die Samariter stünden für Beratungen bereit: „Das letzte, das wir jetzt wollen, ist, dass sich jemand etwas antut.“

Premierminister Tony Blair hat gestern Nachmittag eine Krisensitzung seines Kabinetts einberufen, die bei Redaktionsschluss noch andauerte. Die Regierung will sämtliche Fußwege schließen, die durch Farmland verlaufen. Die Nationalparks und viele Zoos sind bereits zu, sämtliche Pferderennen sind abgesagt, und das Rugbyspiel zwischen Wales und Irland in Cardiff wird wohl verschoben, weil die irische Regierung befürchtet, dass Schlachtenbummler die Seuche nach Irland einschleppen. Die Countryside Alliance, die gegen das Verbot von Treibjagden kämpft, hat ihre Demonstration auf Mai verlegt. Ursprünglich wollten am 18. März bis zu 500.000 Menschen in London protestieren. Die Organisatoren befürchten, dass ein Zusammentreffen von so vielen Bauern zur weiteren Ausbreitung der Seuche führen würde, da das Virus auch über die Kleidung übertragen werden kann.

David Byrne von der Lebensmittelkommission der EU will das Exportverbot für britisches Vieh, das bis zum Wochenende befristet ist, auf unbestimmte Zeit verlängern, und auch das Transportverbot innerhalb Britanniens bleibt vorerst bestehen. Mehrere Speditionen haben angekündigt, dass sie deswegen Leute entlassen müssen. David Russell vom Verband der Spediteure sagte: „Diese Unternehmen arbeiten mit einer engen Profitmarge. Eine Woche ohne Aufträge hat schwere Folgen für ihre Liquidität.“ Landwirtschaftsminister Brown sagte, er hoffe, dass die Einschränkungen nicht allzu lange andauern werden. „Es sollte jedenfalls keine Schwierigkeiten bei den Lebensmittellieferungen geben.“ Doch spätestens am Wochenende wird britisches Fleisch ausverkauft sein, die Metzgereien sind dann auf Importe angewiesen.

Die Tories haben die Labour-Regierung aufgefordert, die für den 3. Mai geplanten Parlamentswahlen zu verschieben, weil sich die Seuche durch den Wahlkampf ausbreiten könnte. Aufgrund des britischen Systems der Direktwahl gehen die Kandidaten von Tür zu Tür auf Stimmenfang.

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