: Vergabe neu regeln
Gewerkschaften zur EU-Osterweiterung: Staatsaufträge sollen nur noch an Firmen gehen, die Tariflöhne zahlen
DÜSSELDORF taz ■ Auf Franz-Josef Möllenbergs Jackett prangt der antirassistische Gewerkschafts-Button: „Mach meinen Kumpel nicht an!“ Das hindert den Vorsitzenden der Gewerkschaft Nahrung, Gaststätten und Genussmittel (NGG) nicht, die „Kumpel“ als veritables Problem zu betrachten: Schließlich arbeiteten schon heute 100.000 Osteuropäer illegal in deutschen Gaststätten, berichtet er. Das ist nicht gut für Möllenbergs Klientel: „Es findet ein regelrechter Verdrängunswettbewerb statt, Tarife werden unterlaufen.“ Und durch die EU-Osterweiterung werde die Situation noch verschärft, fürchtet der Gewerkschaftsboss.
Gestern im Düsseldorfer Astron Hotel: Möllenberg und seine Amtskollegen von der IG BAU und der ÖTV, Klaus Wiesehügel und Frank Bsirske, stellen Konzepte vor, wie die Osterweiterung aus ihrer Sicht gestaltet werden soll. „Die Hütte brennt“, beschreibt Bsirske die aktuelle Situation. Schon heute würden private Subunternehmer im Personennahverkehr polnische Busfahrer für fünf Mark in der Stunde einsetzen. Die Löhne drohten nach der Osterweiterung ins Bodenlose zu sinken, befürchtet der grüne ÖTV-Chef.
Die Gegenstrategie: ein Vergabegesetz für öffentliche Aufträge, das soziale und tarifliche Standards garantiert. Bsirske erwartet, dass die Länder Druck auf die Bundesregierung ausüben, ein „Ermächtigungsgesetz“ (Bsirkse) zu erlassen, das es den Ländern erlaubt, Vergabegesetze zu beschließen. Ein Gespräch mit NRW-Arbeitsminister Harald Schartau (SPD) am selben Tag habe ergeben, dass die Landesregierung diese Forderung unterstütze. NRW plane eine entsprechende Bundesratsinitiative.
Die drei Gewerkschaftsbosse seien sich einig, dass die Zeit davonlaufe. Schließlich habe die Osterweiterung der EU einen engen Zeitrahmen. „Wir müssen unsere Volkswirtschaft und unsere Demokratie vor Dumpingangeboten schützen“, so Wiesehügel. Zudem müsse die illegale Beschäftigung im Baugewerbe eingedämmt werden. Schon heute müsse die IG BAU ihrer Klientel „immer wieder Dachlatten und Hämmer aus der Hand“ nehmen. NGG-Vorsitzender Möllenberg forderte eine zehnjährige Übergangsfrist, „was die Freizügigkeit von Polen, Ungarn und Rumänen betrifft“. Denn BSE zeige, dass es Grenzen der Globalisierung geben müsse. Es drohten soziale Verwerfungen. Bei weiteren Verzögerungen, da herrschte gestern Einigkeit, würden die drei Gewerkschaften ihre Klientel zum Protest auf die Straße schicken. MARCUS MEIER
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