: Greenpeace-Guru tot
Vom Firmenbesitzer zum Schlauchbootaktivisten: Der Kanadier David McTaggart prägte Greenpeace seit 1972 und stand für den einzigartigen Kampagnenstil der Organisation
ROM taz ■ Am Freitag starb der wohl weltweit bekannteste Umweltaktivist David McTaggart bei einem Autounfall in seiner Wahlheimat Italien.
Nachdem seine Baufirma 1972 abbrannte, gelangte der schottischstämmige Kanadier zu der im Jahr zuvor gegründeten Greenpeace-Gruppe. Zunächst allerdings wollte sich der leidenschaftliche Segler nur gegen die Gewässersperren einsetzen, die die französische Regierung wegen ihrer Atomtests im Südpazifik plante. Mit McTaggarts Hochseejacht Vega schipperte das Grüppchen in den Südpazifik und protestierte vor Ort gegen Atomtests und Sperren. Schnell zeigte sich, dass auch kleine Aktionen große Aufmerksamkeit erregen können. Als 1973 französische Soldaten McTaggart zusammenschlugen, wurden der Kanadier und mit ihm Greenpeace über Nacht weltweit bekannt.
McTaggart hatte einen neuen Kampagnenstil kreiert, der für Greenpeace prägend werden sollte – einen Kampagnenstil, der immer wieder von der Konfrontation zwischen David und Goliath lebte. McTaggart hatte verstanden, dass weltweite Medienpräsenz oft mehr auszurichten vermag als demonstrierende Massen.
Ob im Kampf gegen den Walfang, gegen die Versenkung von Atommüll in den Meeren oder gegen den Rohstoffabbau in der Antarktis – immer wieder setzte Greenpeace auf die Politik der Nadelstiche gegen die Machtapparate. Gewaltfrei, aber nicht unbedingt gesetzestreu, dies war McTaggarts Prinzip, und die Bilder der Greenpeace-Aktivisten, die auf kleinen Schlauchbooten wie lästige Fliegen große Chemietanker umschwirrten, die sich auf Fabrikschloten verschanzten oder an Werkstoren anketteten, gingen regelmäßig um die Welt. Weltweit dehnte sich auch das Netz der nationalen Greenpeace-Organisationen aus, deren internationalem Dachverband McTaggart von 1979 bis 1991 vorstand. Bis dahin hatte er Greenpeace zu fünf Millionen Mitgliedern verholfen. Die Organisation wandte sich nach seinem Rücktritt ab von der reinen Kampagnenorientierung.
McTaggart blieb Ehrenvorsitzender und kehrte zweitweilig zurück auf die Bühne. Er engagierte sich weiterhin auf internationalen Konferenzen gegen den Walfang und reiste 1995 wieder ins Mururoa-Atoll, um wie in den frühen Jahren gegen die Atomtests der Franzosen zu protestieren. Ansonsten aber lebte McTaggart seinen ganz privaten Einklang mit der Natur – als umbrischer Olivenbauer.
MICHAEL BRAUN
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