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Werthebach will staatenlose Libanesen abschieben

CDU-Innensenator zweifelt die Identität der Flüchtlinge an. Verwaltung soll prüfen und abschieben. Opposition kritisiert „Unterstellungen“ scharf

Innensenator Eckart Werthebach (CDU) will so genannte staatenlose Libanesen verstärkt abschieben. Das kündigte er am Wochenende in einem Zeitungsinterview an. Bei den Betroffenen handelt es sich um Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem Libanon, die als staatenlos gelten und teilweise bereits seit zwanzig Jahren in Deutschland leben. Für diese Gruppe besteht eigentlich ein Abschiebeschutz.

Nach Werthebachs Ansicht handelt es sich jedoch in zahlreichen Fällen um Kurden türkischer Herkunft, die ihre Papiere „absichtlich vernichtet“ haben, um vor einer möglichen Abschiebung sicher zu sein. Der Innensenator behauptete weiter, dass „dieser Personenkreis im Rauchgifthandel eine marktbeherrschende Stellung einnimmt“. Deswegen wolle seine Behörde Identitätsfeststellungen vornehmen, um die Abschiebungen zu ermöglichen. In Berlin wären davon bis zu 8.000 Menschen betroffen.

Werthebachs Abschiebeandrohung rief gestern Empörung hervor. Die migrationspolitische Sprecherin der PDS, Karin Hopfmann, bezeichnete die Aussagen des Innensenators als „Unterstellung“, mit der er eine ganze Bevölkerungsgruppe kriminalisiere und diskriminiere. Es handele sich um Flüchtlinge, die ihren Lebensmittelpunkt seit Jahren in Deutschland hätten und deswegen einen sicheren Aufenthaltsstatus bekommen sollten. Sie warf der Innenverwaltung „absichtliche Unbedarftheit“ vor, „was die Migrationsgeschichte dieser Menschen betrifft“.

Die Ausländerbeauftragte des Senats, Barbara John (CDU), geht davon aus, dass es sich nur um Einzelne handelt, die straffällig geworden sind. Diese müssten abgeschoben werden.

DANIEL FERSCH

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