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ausschreibung für den arachnoschnapp

von CAROLA RÖNNEBURG

Ich möchte bitte, dass jemand eine Erfindung macht. Es geht um einen Apparat, den ich gern nutzen würde und der meiner Ansicht nach in jeden Haushalt gehört – ähnlich wie eine Waschmaschine oder die Heizung. Wenn man in der Wohnung eine Spinne entdeckt, die mit allen Beinen ein Zehnpfennigstück oder gar größere Münzen umklammern könnte, kommt die Erfindung zum Einsatz. Sie erfüllt folgende Bedingungen:

1. Distanzwahrung – Ideal wäre ein Spinnenfanggerät, das vom Nachbarzimmer aus bedient wird. Auf jeden Fall aber soll mit seiner Hilfe ein größtmöglicher Abstand zur Spinne gehalten werden; am besten so, dass man die Beine nicht mehr mit bloßem Auge nachzählen kann.

2. Zielgenauigkeit – Die Maße und das Design des SFG sind unwesentlich. Es muss nicht platzsparend oder formschön oder zusammenfaltbar sein. Was zählt, ist allein seine Effizienz: Mit der Vorrichtung soll man die Spinne schon beim ersten Einsatz einkassieren können. An die Wand gesetzt, auf eine Ecke gerichtet oder in die Nähe des Bettes geschoben – das SFG sollte vielleicht rollbar sein –, muss dieses Ziel auf der Stelle erreicht werden. Es darf weder zu einem zweiten Versuch noch zu einer Verfolgungsjagd kommen, die Trefferquote muss selbst bei Anfängern 100 Prozent betragen. Zu berücksichtigen sind die eventuell stark zitternden Hände der Anwender!

3. Undurchsichtigkeit – Manche Menschen stülpen lässig leere Marmeladengläser über Spinnen, um die Tiere zu transportieren. Der Fangbehälter des SFG hingegen ist zur Sicherheit viel größer als ein Marmeladenglas und darf nicht transparent sein. Der Anblick einer tobenden Spinne ist der Zielgruppe nicht zuzumuten. Die Farbe des Fangbehälters ist vollkommen egal. Nur nicht braun sollte er sein.

4. Erfolgsmelder – Trotzdem muss man genau wissen, ob die Spinne sicher im SFG gelandet ist. Schließlich möchte man es nicht absetzen, bevor die Bedrohung aus dem Weg geräumt ist. Da Anwender dazu neigen, beim Fangvorgang unwillkürlich die Augen zu schließen, ist ein akustisches einem optischen Signal vorzuziehen. Eine Fanfare wäre hübsch.

5. Verschließbarkeit – Ist die Spinne vom SFG aufgenommen, darf es für sie keinen Rückweg geben, auch nicht, wenn das Gerät runterfällt oder panisch fortgeschleudert wird.

6. Abschiebung – Das SFG muss nahtlos an ein gekipptes Fenster angeschlossen werden können. Ein Mechanismus im Inneren des SFG soll dann die Spinne in sehr kurzer Zeit in einem überraschend hohen Bogen unvorstellbar weit in die Landschaft befördern. Die Spinne muss also mindestens auf der anderen Straßenseite landen. Sie soll während ihres Fluges einige Drehungen machen, die ihr den Orientierungssinn rauben. Sie soll keine Ahnung haben, wie sie jemals wieder in meine Wohnung gelangt.

Wenn jemand das erfinden kann, winken ihm Ruhm und Ehre und mein ewiger Dank, aber er soll bitte gleich anfangen und sich beeilen, weil ich nicht mehr auf dem Sofa im Wohnzimmer schlafen mag.

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