: EasyCover – Ja, der Look
In Hamburg suchte die Jury der L'Oréal Colour Trophy die Frisur für die Frau von heute. Und fand Glamour-Punk mit undercutting ■ Von Michaela Soyer
„Sooo“, säuselt eine Damenstimme durch die Lautsprecher, „noch fünf Minuten“. Die letzten Dosen Haarspray werden leergesprüht, noch ein bisschen Puder, damit das Make Up bei den tropischen Temperaturen auf der Bühne nicht zerfließt, aber dann müssen die Hairstylisten von ihren Models lassen.
Beim Regionalentscheid der „Color Trophy“ von L'Oréal in den Mozart-Sälen kämpfen zehn Coiffeure darum, zum „Grand Finale“ nach Berlin fahren zu dürfen. Dort winkt der Oscar der Friseure – die L'Oréal Color Trophy 2001. Und wie auch bei der richtigen Oscar-Verleihung geht es nicht um die große Kunst, sondern darum, dass es den Verbrauchern gefällt. Gesucht wird ein „Look, mit dem die moderne Verbraucherin gerne auf die Straße geht“, weiß die Moderatorin mit der Säusel-Stimme.
Eine weitere Gemeinsamkeit mit den wahren Oscars ist, dass die Anzahl der Preise das Fassungsvermögen bei weitem übersteigt. Zusätzlich zu den 75.000 Mark für den Gesamtsieger gibt es in Berlin noch Spezialpreise, die von den zahlreichen Sponsoren vergeben werden. Die Frauenzeitschrift Marie Claire sucht den „Total Look“, Maxi – „ein junges und freches Magazin“ – sucht den „Natural Look“ und das Klatschblatt Gala vergibt, wie soll es auch anders sein, einen Preis für den „Glamour Look“. Dann gibt es noch den Easy Look, Young Look, Cover Look ... „Ja, den Look suchen wir, den Look suchen sie“, meint Moderator Martin Tänzer, der unangenehme Erinnerungen an Big Brothers Percy Hoven wachruft.
Nach einem Lobgesang auf die Exklusivität des Wettbewerbs und dessen große internationale Bedeutung werden die Stylisten mit ihren Models auf die Bühne gerufen. Sie sollen der Jury aus Modejournalis-ten und sonstigen Menschen, die vorgeblich etwas von Frisuren verstehen, erklären: „Was ist neu an diesem Look?“ Ein haarige Angelegenheit, bei der so mancher jung-creative Coiffeur ins Stolpern kommt: „Naja, er ist eben in keins-ter Weise aufdringlich.“ Mehrmals als neu entdeckt wurde die Mischung „Punk und Ladylike“.
Der Hamburger Friseur Achim Bock ist zum fünften Mal dabei und erhofft sich den Sieg und zudem „innovative Impulse für meinen Salon“. Sein Model hat lange glatte Haare mit vielen bunten Strähnchen. Schließlich zählt beim L'Oréal-Wettbewerb die Farbe doppelt. Bock muss sich aber mit den Impulsen begnügen, denn gewonnem hat eines der Glamour-Punk-Girls mit komplizierten „untercutting“. Das Team von „Reinert exklusiv“ aus Stade darf nach Berlin fahren. Und wenn sie den Friseur-Oskar gewinnen, laufen vielleicht bald alle „Endverbraucherinnen“ mit rotem Pony, stufigen blonden Deckhaaren und rotem „undercutting“ durch die Straßen.
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