: Kein Mathe am Nachmittag
■ Die Regierung in Schleswig-Holstein will die Ganztagesangebote an ihren Schulen im kommenden Jahr erheblich ausbauen
In Schleswig-Holstein werden vom Herbst 2002 an weit mehr Frauen als bisher Kinderbetreuung und Beruf besser unter einen Hut bekommen. Die rot-grüne Regierung will die Ganztagsangebote an den Schulen erheblich ausweiten und dafür trotz Ebbe in der Landeskasse zusätzliche Millionenbeträge für Personalkosten aufbringen. Über die bisher 21 reinen Ganztagsschulen hinaus soll ab Schuljahr 2002/03 in jedem Kreis und in jeder kreisfreien Stadt je eine weitere Schule auch nachmittags für die Schüler da sein – insgesamt wären dies 15.
„Wir wollen mit den Haupt- und Sonderschulen anfangen“, sagte Kultusministerin Ute Erdsiek-Rave (SPD). Forderungen etwa der CDU nach einem flächendeckenden Angebot reiner Ganztagsschulen – bis 2010 rund 250 Schulen – hält sie auf absehbare Zeit für illusorisch, weil nicht bezahlbar. Erdsiek-Rave setzt vielmehr auf offene, flexible Angebote. Bisher werden im Norden bei insgesamt 195.000 Schülern der Sekundarstufe I bis zur 10. Klasse nur etwa 13.500 Mädchen und Jungen ganztags betreut, hauptsächlich an Gesamtschulen.
Nun sollen sich vor allem Hauptschulen für die neuen Angebote öffnen. „Wir wollen damit auch Erziehungsdefizite ausgleichen und mit attraktiven Freizeitangeboten auch ein Gegengewicht zu übermäßigem Fernseh- und Computerkonsum schaffen“, sagt die Kultusministerin. Ihr Haus arbeitet gemeinsam mit dem Jugend- und Sozialministerium an einem Konzept, das die Landesregierung Mitte Juli beschließen will. Ihre Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) hatte sich im Konflikt mit dem Bund um die Familienförderung stets vehement dafür eingesetzt, nicht nur einseitig auf eine Erhöhung des Kindergeldes zu setzen, sondern gerade auch mehr Ganztagsangebote zu ermöglichen.
Die Erdsiek-Rave setzt dabei für die Nachmittage vor allem auf Musik, Theater, Hausaufgabenbetreuung und Ähnliches. „Ich halte es nicht für vernünftig, den Unterricht auf den ganzen Tag zu verteilen“, meint Erdsiek-Rave. „Wenn sich eine Schule entschließt, mehr Sportunterricht am Nachmittag anzubieten, dann ist das durchaus möglich. Aber nachmittags um zwei fällt jeder in ein Konzentrationstief, und da ist Mathe- oder Englischunterricht wohl kaum sinnvoll.“ Genau diesen Kurs kritisiert die CDU, die auch am Nachmittag Wissensvermittlung möchte. Die Ministerin hingegen, argwöhnt CDU-Bildungsexperte Jost de Jager, wolle wohl nur Spielenachmittage an den Schulen organisieren. Dass mehr Ganztagsangebote her müssen – darüber sind sich im Norden alle Parteien einig.
Wie es nach dem Einstieg in die Ganztagsbetreuung an den genannten 15 Schulen – nach Beschluss der Schulkonferenz kann der jeweilige Träger beim Land die notwendigen Zuschüsse beantragen – weitergeht, ist noch völlig offen und vor allem eine Frage des Geldes. Erdsiek-Rave: „Bisher gibt es keinen Beschluss über einen weiteren Ausbau.“ Wolfgang Schmidt
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