piwik no script img

Zehn Jahre World-Trade-Riesenpleite

■ Erneut lassen sich Bremens Wirtschaftsförderer von Gutachtern teuer bescheinigen, dass das World Trade Center ein Flop ist

Das „World Trade Center“ (WTC) ist zu groß und zu teuer, diese Erkenntnis hat sich die „Bremer „Investitions-Gesellschaft“ (BIG) von den Gutachtern des „prognos“-Instituts „Europäisches Zentrum für Wirtschaftsforschung und Strategieberatung“ für teures Geld aufschreiben lassen. Konsequenzen: keine. Denn bis zum 31. Mai 2006 läuft der Mietvertrag, nach dem Bremens Wirtschaftsförderer 20 Mark für jeden Quadratmeter des Prachtbaus an den Immobilien-Investor Grote zahlen muss. Allein im Jahr 2000 hatte das Haus einen Zuschussbedarf von 2,9 Millionen Mark.

Die Erkenntnis, dass das großkotzige Gebäude mehr Steuergeld verschlingt, als es Effekte der Wirtschaftsförderung erzielt, gab es schon vor Jahren. Konsequenzen damals: keine. „Wirtschaftsförderung soll wirkungsvoller gestaltet“ werden, berichtete der Weser Kurier vor zehn Jahren und schrieb unter ein Foto mit der protzigen Fassade des WTC in der Birkenstrasse: „Das Asia Pacific Trade Center spiegelt das große Interesse Bremens an Investoren aus der fernöstlichen Region wider.“ In Wahrheit hatte Bremens damaliger Wirtschaftssenator Uwe Beckmeyer (SPD) asiatische Firmen mit völliger Mietfreiheit nach Bremen gelockt. Das erste Erwachen kam, als Beckmeyer einräumen musste, dass einige der „Mieter“ nicht einmal einen permanenten Mitarbeiter in ihren opulenten „Bremer Firmensitz“ entsandt hatten. Andere nutzten das Angebot kostenloser Räume mitten in der City für diverse Zwecke; ein Möbelhändler kam zu Berühmtheit, als aufflog, dass er seine Rattan-Bestände im World Trade Center lagerte.

Als Beckmeyer Mitte 1993 nachfragen ließ, wer denn nach Ende der Mietfreiheit um Mai 1994 weiter Mieter bleiben wolte, verbreitete sich „Unruhe“ im Haus, und viele der Nutzer reagierten einfach nicht. Damals ging die Leitung des WTC informell davon aus, dass die Hälfte der Nutzer lieber gehen würde als Miete zu zahlen, berichtete die taz unter der Überschrift „Riesenpleite“. Der damalige CDU-Abgeordnete Roland-Mike Neumeyer fand es „völlig stümperhaft“, wie Beckmeyer sein WTC betrieb. Damals mussten Wirtschaftsprüfer beauftragt werden, um die Mieteingänge zusammenzurechnen, das Center-Management hatte keine Ahnung davon.

Beckmeyer beschwerte sich in einem Leserbrief an die taz über die „unqualifizierte“ Kritik und räumte ein, es habe eine „schwierige Anfangsphase“ gegeben. Er rechtfertigte sein Prestige-Projekt mit den Worten, 30 Jahre lang sei die bremische Wirtschaft „permanent nach unten gegangen“, nun seien „staatliche Anstrengungen“ notwendig. Damals waren noch 38 Prozent der Büros kostenlos überlassen, 13 Prozent standen leer.

Im Jahre 2000 wurde die von Beckmeyer gegründete Außenwirtschafts-Gesellschaft mit dem Protz-Titel „Bremen Business International“ (BBI) schlicht aufgelöst, der Geschäftsführer „aus seiem Vertrag entlassen“. Die großen Konferenz-Räume werden nach wie vor nur selten für Veranstaltungen vermietet, eine Idee, wie man das Haus kostendeckend betreiben kann, gibt es nicht.

So können die europäischen Strategieberater des prognos-Gutachtens auch nur raten, das Ende des Mietvertrages 2006 abzuwarten. Wie man den wenigen Firmen helfen kann, die im Vertrauen auf die Synergie-Effekte eines „Asian Pacific Trade Center“ nach Bremen gekommen sind, wird dann vermutlich ein neues Gutachten klären müssen.

Das erste Gutachten über das WTC gab es übrigens im Jahr 1991. Für ein bezahltes Gutachten war es zu erstaunlich kritischen Aussagen über das Projekt des WTC gekommen, was jedoch in den Wirren des Wahlkampfes zu keinerlei Konsequenzen führte. K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen