: Prozesse des Geldverdienens
Dem äußeren Anschein zum Trotz prognostiziert Arbeitsamtschef IT-Firmen in Hamburg „sehr gute Wachstumschancen“ ■ Von Elke Spanner
Rolf Steil tritt „mit Selbstbewusst-sein“ zum Thema an. Auch wenn sich Meldungen über die Pleite von Internetfirmen häufen und jüngst schon Kabel New Media Insolvenz angemeldet und ID-Media 40 MitarbeiterInnen entlassen hatte, verkündet der Arbeitsamtsdirektor: „Hamburg ist immer noch eine sehr gute Multi-Media-Adresse.“ Gute Verdienstchancen bestünden vor allem für die Start-Ups, die stark auf Programmierung und Consulting ausgerichtet seien. Zu dem Ergebnis kamen Arbeitsamt und Schulbehörde bei einer Analyse des Multimedia-Arbeitsmarktes, deren Ergebnisse sie gestern vorstellten.
Danach haben die Konkursunternehmen schlicht aufs falsche Pferd gesetzt. Erfolgreich seien Firmen, die sich der „old economy“ angenähert und darauf konzentriert hätten, „etablierte Prozesse des Geldverdienens“ im Netz zu vermarkten. Die Agenturen, die nicht allein Web-DesignerInnen und GrafikerInnen, sondern vor allem IT-SpezialistInnen und ConsulterInnen unter Vertrag hätten, blickten demnach optimistisch in die Zukunft: Nur jedes fünfte derartige Start-Up-Unternehmen geht davon aus, dass sich die wirtschaftliche Lage „etwas verschlechtern“ wird. Seit vorigem Jahr sei die Zahl der in der Branche Beschäftigten um 20 Prozent gewachsen. Die Prognose für das kommende Jahr liegt noch bei immerhin 18 Prozent.
Überdurchschnittlicher Zuwachs wird auch den Tätigkeitsfeldern Projektmanagement und Netzwerk-administration prognostiziert. Laut der Analyse ist eine rückläufige Entwicklung indes bei der Beschäftigung von Online-RedakteurInnen und DesignerInnen zu erwarten.
Deutlich sei geworden, so Steil, dass in der Medienbranche „Qualifikation Alltagsgeschäft ist“. Wegen der schnellen Entwicklung des Marktes müsste die ständige Weiterbildung der Beschäftigten gefördert werden– auch in den Unternehmen selbst. Bisher gibt nur rund die Hälfte aller Start-Ups an, eigene Aus- und Weiterbildung anzubieten.
Besonders bei der Einstellung von ProjektmanagerInnen und Marketing-ExpertInnen würden MitarbeiterInnen bevorzugt, die einen Hochschulabschluss vorlegen könnten. Für die übrigen Tätigkeiten würde zumindest nach FachhochschulabsolventInnen gesucht. Ansonsten setzt die Branche vor allem auf „Autodidakten“ – und weniger auf Männer und Frauen, die eine Umschulung vorzuweisen haben. Steil betont aber, dass 90 Prozent der AbsolventInnen der durch sein Amt vermittelten Umschulungen einen Job finden würden.
Die Studie räumt mit dem Vorurteil auf, dass in der Medienbranche nur willkommen ist, wer noch nicht seinen 30. Geburtstag gefeiert hat. Nur auf DesignerInnen trifft das zu. Für die übrigen Jobs haben die befragten Firmen kein Höchstalter bei Neueinstellungen genannt.
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