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vorlaufNicht ohne meine Tochter

Tatort: Der lange Arm des Zufalls (So., 2015 Uhr, ARD)

Ein Geldtransporter wird überfallen. Der Coup misslingt, ein Wachmann wird erschossen. Panisch versucht der Bankräuber zu fliehen. Er springt in ein Auto, das zufällig vor der Bank parkt und übersieht völlig, dass drinnen noch ein kleines Mädchen sitzt. Abgesehen hatte es der Räuber auf drei Millionen Mark, die just an diesem Tag ein amerikanischer Pelzhändler namens Peter Forster von der Bank abholen wollte. Und natürlich entpuppt sich eben jener Forster als Vater der kleinen Gekidnappten, die jedoch schnell wieder freigelassen wird.

Zehn Minuten sind nun vergangen im zweiten Fall der Berliner Kommissare Ritter (Dominic Raacke) und Stark (Boris Aljinovic). Doch da kein „Tatort“ schon nach zehn Minuten beendet werden kann – Berlin eine große, und schließlich Hauptstadt ist – ließ sich Autor Lienhard Wawrzyn einige Randgeschichten einfallen. Die ödeste von ihnen läuft zwischen Ritter und einer schönen RRRussin ab, die leider illegal in Deutschland ist, deshalb von der Polizei hops genommen wird und einsieht, dass sie lieber „richtig mit Aufenthaltserlaubnis und so“ nach Deutschland zurückkehren will. Pech für Ritter, der sich doch gerade ein paar Tage frei genommen hatte, um mit ihr „ins Kino zu gehen und Pizza zu essen“.

Nun darf man sicherlich nicht erwarten, dass Polizeibeamte originelle Ideen zur Freizeitgestaltung beitragen; allein ein bisschen mehr Finesse bei den Dialogen hätte diesem „Tatort“ nicht geschadet: Zwischen den Eltern (die Geschichte geht schließlich weiter) der kleinen Maike bricht ein offener Kampf um die Tochter aus. Abwechselnd wollen beide mit ihr fliehen, sei es in die USA, auf die Bahamas oder nach Oberammergau. Die Schlacht um das Kind gipfelt in Sätzen wie: „Sie ist meine Tochter“, „Nein, du bist eine schlechte Mutter – Sie ist meine Tochter“ usw.

Zweierlei macht diesen „Tatort“ dennoch erträglich: Das glänzend fotografierte winterkalte, triste Berlin – und Boris Aljinovic, der mit leiser Ironie den Ha-ha-Macho-Cop Raacke an die Wand spielt. Bekommen die beiden jetzt auch bessere Fälle (und Dialoge) zugeschanzt, könnten die Berliner stolz auf ihren „Tatort“ sein. Und das wäre auch gut so. THORSTEN PILZ

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