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standbildVernichtend

News and Stories (So., 23.40 Uhr, Sat.1)

Ist es etwa nur ein reiner Glücksfall, der sich wie ein Sechser im Lotto ausnimmt, dass in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts Frieden herrschte?

Ist es etwa nur der – wie Alexander Kluge sagt – „globalen Entmündigung des Menschen“ zu verdanken, dass ein totaler Vernichtungsschlag noch nicht erfolgt ist? Haben uns etwa nur moderne Technologien, etwaige Rechner, davor bewahrt, weil sie letzte Gewissheit verweigerten, aus dem Rüstungswettstreit siegreich hervorzugehen, indem sie stets einen möglichen Irrtum als Vorbehalt signalisierten?

Solche ketzerischen Fragen äußern Alexander Kluge – wie immer bescheiden aus dem Off – und sein Gesprächspartner, der Historiker Jörg Friedrich, in „News and Stories: Das Vernichtungsprinzip vom Gaskrieg zum Raketenschild“. Die klugen Köpfe führen ihren Beweis, dass es der Spaßgesellschaft nicht gelungen ist, jegliches aufklärerische Denken ins Nirwana zu verbannen, auf Sat.1 – Kluge sendet hier als unabhängiger Dritter. Friedrich übt harsche Wissenschaftskritik. Der Vergangenheit gehöre es an, dass sich Armeen bekämpften, vielmehr träten „Clubs von Rüstungsindustriellen und Wissenschaftlern“ gegeneinander an. Diese gebärdeten sich wie Zauberlehrlinge, die von der Kraft ihrer Mittel erst erführen, wenn diese bereits entfesselt seien.

Mag sein, dass die Sendung manch einem anmuten mag wie „Großvater erzählt“. Aber ein kompetenter Großvater eben! Einer, den noch interessiert, was in die Wohnzimmer der Republik übermittelt wird.

Telegener Ausnahmezustand sozusagen. Denn was dem interessierten Fernsehzuschauer ansonsten zum Thema geboten wird, ist zuweilen haarsträubend. Man denke an die dreiteilige Serie „Forscher für den Krieg“ (Arte). Gleich in der ersten Folge naive Fortschrittsgläubigkeit: „Die Furcht vor Vergeltung bewahrte die Völker Europas vor chemischen Bomben“, wurde etwa treuherzig verlautbart. Als sei man von der Rüstungsindustrie beauftragt, Public Relations für international florierenden Waffenhandel zu betreiben. Motto: Na bitte, das Modell gegenseitiger Abschreckung funktioniert doch. Zufall, sagen Kluge und Friedrich.GITTA DÜPERTHAL

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