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Olympiareifes Familienfest

■ Die Travemünder Woche will Kiel Konkurrenz machen – und fühlt sich zu Höherem berufen

Eine US-Zeitschrift titelte zum America's Cup, der bekanntesten Segelregatta der Welt, lakonisch: „Reicher Kerl gewinnt Rennen für reiche Kerle.“ Zum unterstellten Snobismus des Segelsport gesellt sich die für den Nicht-Segler unübersichtliche Klasseneinteilung der Boote und dass die sportlichen Entscheidungen irgendwo auf hoher See stattfinden und von den ZuschauerInnen kaum beobachtet werden können. Bei der diesjährigen 112. Travemünder Woche, die am Freitag eröffnet wurde, hat man sich deswegen etwas ganz besonderes ausgedacht. Zusätzlich zu großen Videoleinwänden gibt es zum ersten Mal öffentliche Regatta-begleitfahrten, die dem Laien den Sport näher bringen sollen.

„Mit der Travemünder Woche wollen wir zeigen, dass wir zur Organisation großer Segelsportveranstaltungen prädestiniert sind“, sagte Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe (SPD), bevor er mit dem traditionellen Ruf „Heiß Flagge“ die nach der Kieler Woche zweitgrößte Segelsportveranstaltung der Welt eröffnete. Bescheidener äußerte sich dagegen Claus Dieter Stolze, der Geschäftsführer der Travemünder Woche GmbH in einem Interview gegenüber den Lübecker Nachrichten. Man habe mit der Kieler Woche bereits seit Jahren eine kleine jährliche Olympiade in Deutschland. Gegen die Kieler „Materialschlacht“, käme man nicht an. Der Vorteil der Travemünder Woche sei die zeitliche Nähe zu den Sommerferien: „Wir haben uns einen Namen als Familienfest gemacht und den gilt es auszubauen.“

Saxe denkt größer: „Wir bewerben uns selbstbewusst um die Ausrichtung der Segelregatten bei den olympischen Spielen im Jahr 2012.“ In diesem Sinne haben die Veranstalter dieses Jahr die Veranstaltung vor den Toren Lübecks mit einem Budget von rund 600.000 Mark ordentlich aufgetakelt. Noch bis zum kommenden Sonntag werden rund 2500 Segler mit ihren mehr als 900 Booten an die Regattastarts gehen. 29 Einzelwettbewerbe in 26 zum Teil olympischen Klassen stehen auf dem Programm.

Die Wettbewerbe wurden am Freitag durch die Mistral-Klasse bei Windgeschwindigkeiten zwischen acht und zehn Knoten eröffnet. Ein bisschen olympisches Flair lag dann doch in der Luft, als Amelie Lux, die Silbermedaillengewinnerin von Sydney als Zweite ins Ziel surfte. Philipp Sidhu

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