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Brisant, gefährlich, aber rechtens

Tonfas bei Schwarzen Sheriffs am Hauptbahnhof lösen Diskussionen aus  ■ Kai von Appen

Die Ausstattung der privaten Sheriffs der „Bahn-Schutzgesellschaft“ (BSG) am Hauptbahnhof mit der gefährlichen Nahkampfwaffe Tonfa stellt strafrechtlich keinen Verstoß gegen das Waffengesetz mehr dar, erklärte gestern Rüdiger Bagger, der Sprecher der Hamburger Staatsanwaltschaft. Kristallisationspunkt wird indes die Anwendung sein: „Der Mehrzweckschlagstock darf nur zur Verteidigung eingesetzt werden“, beteuert Hamburgs BSG-Chef Ulrich Schecker gegenüber der taz.

Nach seinen Angaben habe sich die BSG die Entscheidung, die Stäbe einzuführen, nicht leicht gemacht: „Früher war das Tragen eines einfachen Schlagstockes bei uns verboten.“ Doch dann habe die Geschäftsführung registriert, dass sich Mitarbeiter heimlich Stahlrouten angeschafft hätten. Schecker: „Wenn man damit jemandem auf den Arm schlägt, ist der durch.“

Daher habe die BSG-Leitung sich nach langen Überlegungen entschlossen, nun offiziell Tonfas anzuschaffen. „Jeder Mitarbeiter wird eine Woche geschult“, sagt Schecker, „und er lernt nur die Verteidigung.“ Als Aktivwaffe in Konflikten dürfe der asiatische Nahkampfstab nicht verwendet werden. Der gefährliche Knochenbrecher eignet sich nämlich hervorragend als Distanzwaffe, weil man mit den stahlkappenverstärkten Enden gut zustoßen kann.

Laut Schecker dürfen Tonfas bei der BSG nur am Hauptbahnhof und auch dort nur bei besonderen Einsatzlagen getragen werden – nicht jedoch beispielsweise bei der Zugbegleitung. „Es müssen immer drei Mitarbeiter zusammen sein“, sagt Schecker. „Falls einmal ein Heißsporn überreagiert, ist immer noch einer dabei, der besonnen eingreifen kann.“ Er selbst habe den Mitarbeitern äußerste Disziplin eingebläut: „Ihr steht im Blickpunkt der Öffentlichkeit, habe ich ihnen gesagt“, so Schecker, „wenn ihr einmal mit diesem Stab Mist baut, seid ihr dran.“

Mitarbeiter privater Sicherheitsunternehmen haben nur Jedermannrechte. BSGler dürfen zwar auf Bahnanlagen bei Verstößen gegen die Hausordnung das Hausrecht wahrnehmen, aber keine hoheitsrechtlichen Aufgaben wie Personalienüberpüfungen vornehmen. Das dürfen nur Polizei und BGS.

Bei Polizeisprecher Reinhard Fallak löst die Aufrüstung mit Tonfas bei den Schwarzen Sheriffs gemischte Gefühle aus, denn bei Hamburgs Polizei im Reviereinzeldienst und beim Gros der Bereitschaftspolizei ist der Einsatz noch immer verboten. „Nur beim Mobilen Einsatzkommando und in den Festnahmezügen werden Tonfas eingesetzt. Aber bei denen wird ständig trainiert“, bestätigt Fallak, „da es sonst leicht zu Verletzungen kommt, die gar nicht gewollt sind.“

Denn ein Tonfa in der Hand eines untrainierten Beamten, da sind sich die Polizeiexperten einig, kann schnell zur „tödlichen Waffe“ werden. Das Tragen sei allerdings keine Straftat, belehrt auch Fallak: „Man darf ja auch mit einer Dachlatte durch die Gegend gehen.“ Fallak, selbst Ex-MEKler, mahnt in Sachen BSG allerdings zur Vorsicht: „Eine Woche Ausbildung hört sich gut an – aber eine Woche im Jahr ist zu wenig.“

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