: Neue CDU-Panne
Union druckt „Tip“-Geschichte nach, die per Gericht verboten wurde. Laut „Tip“ ohne Genehmigung
Die letzte Attacke der Union gegen Schulsenator Klaus Böger (SPD) endete mit dem Rücktritt des CDU-Generalsekretärs Ingo Schmitt, der Böger als „Politnutte“ bezeichnet hatte. Schon bei der Vorstellung des Nachfolgers Joachim Zeller unterlief der Union der nächste Fauxpax: Die Partei verbreitete den Nachdruck eines Textes, der bereits von einem Gericht als in Teilen unwahr eingestuft wurde. Gestern unterzeichnete CDU-Geschäftsführer Mathias Wambach eine Unterlassungserklärung. Doppelt peinlich: Die Union oder ihre Agentur Publicis müssen Böger auch noch die Anwaltskosten ersetzten.
An die zur Vorstellung des neuen Generalsekretärs gekommenen Journalisten war am Mittwoch ein Nachdruck aus dem Stadtmagzin Tip verteilt worden. Titel: „Der Filz ist rot.“ Kern der Geschichte ist, Böger habe eine Parteispende über eine Stiftung umleiten lassen.
Eben diese Behauptung hatte das Landgericht Berlin auf Antrag Bögers inkriminiert und die weitere Verbreitung verboten. Der Tip druckte in seiner aktuellen Ausgabe eine ausführliche Gegendarstellung Bögers. Der Schulsenator reagierte gestern auch auf den CDU-Nachdruck mit juristischen Schritten. Die Rechtslage ist außergewöhnlich eindeutig, da der inkriminierte Artikel ja bereits von einem Gericht für in Teilen nicht wahrheitsgemäß befunden wurde.
Wambach bekam gestern eine weitere Unterlassungserklärung und eine Abmahnung – vom Tip. Das Magazin versteht den CDU-Nachdruck als „ungenehmigten Sonderdruck“. Mit der Benutzung des Logos des Stadtmagazins seien außerdem Markenrechte verletzt worden. Wambach verwahrte sich gestern gegen den Vorwurf des ungenehmigten Nachdrucks. „Es gab eine mündliche Nachdruckgenehmigung von Herrn Herrmann gegenüber unserer Agentur“, sagte Wambach der taz.
Karl Herrmann, Chefredakteur des Tip, bestreitet das. Zwar habe es eine telefonische Anfrage eines Mitarbeiters von Publicis für die Böger-Geschichte gegeben. „Aber es gab definitiv keine Nachdruckgenehmigung.“ Bleibt die Union bei ihrer Version, will der Tip heute bei Gericht eine Unterlassung erwirken. Der Verlag behält sich auch eine Schadensersatzklage gegen die Union ausdrücklich vor. „Unsere Geschichte war wirklich nicht als Munition für Schmutzkampagnen der Union gedacht.“
Publicis hatte schon vor zwei Jahren für die Kampagne „Diepgen rennt“ ohne Genehmigung Motive des Films „Lola rennt“ kopiert. ROBIN ALEXANDER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen