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Sieg für Koizumi

Japans Ministerpräsident erwartet eine Erholung der kriselnden Wirtschaft erst in zwei bis drei Jahren

TOKIO taz ■ Der „Koizumi-Effekt“ hält in Japan an. Der populäre Ministerpräsident Junichiro Koizumi mit der Löwenmähne konnte bei der Oberhauswahl am Sonntag die Mehrheit im Oberhaus klar behaupten. Koizumis Liberal-Demokratische Partei (LDP) und ihr größter Koalitionspartner Neue Komeito haben zusammen 78 der 121 zu vergebenden Mandate und damit die notwendige Mehrheit in der zweiten Kammer des japanischen Parlamentes gewonnen.

Die Wahl galt als erster Test für Koizumi, der seit April im Amt ist. Seit seinem Amtsantritt genießt der selbst ernannte Reformer in der Bevölkerung eine Zustimmungsrate von über 70 Prozent und ist der populärste Ministerpräsident Japans in der Nachkriegszeit. Von dem Wahlsieg erhofft sich Koizumi die notwendige Rückendeckung für seine Reformpläne, die eine schmerzhafte Kur für die Wirtschaft vorsehen. Dies dürfte in den nächsten Jahren zu einer Welle von Firmenpleiten und einem rasanten Anstieg der Arbeitslosen führen.

„Es gibt keine Weg zurück. Das Grundkonzept für die Reformen steht und nun wollen wir es rasch in die Tat umsetzen“, sagte Koizumi. Er habe sich jedoch damit abgefunden, dass die japanische Wirtschaft in den nächsten zwei bis drei Jahren krisenanfällig bleibe, und erwarte erst anschließend eine nachhaltige Erholung. Die Reformen will Koizumi mit seinem derzeitigen Kabinett umsetzen. Der Opposition hat er seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit signalisiert.

Die Befürchtung, dass Reformbremser in der regierenden LDP Koizumis im jüngsten Wahlgang ebenfalls gestärkt worden sind, versuchte Koizumi am Sonntagabend zu zerstreuen. „Der Konsens für strukturelle Reformen ist in der LDP viel stärker, als es nach außen scheint“, sagte Koizumi. Seine erbittertsten Gegner sind im mächtigen Parteiflügel um den Exministerpräsident Ryutaro Hashimoto organisiert. Koizumi drohte seinen Kritikern jedoch mit vorgezogenen Neuwahlen zum mächtigen Unterhaus, falls sein Reformplan unterwandert werden sollte.

Die Börse reagierte mit Skepsis auf das Wahlergebnis und gab deutlich nach. Der Nikkei-Index sackte um 1,85 Prozent ab und fiel damit auf den tiefsten Stand seit 1985. Händler erklärten, die Anleger zweifelten, ob Koizumi seinen Wahlsieg in praktische Maßnahmen zur Belebung der Wirtschaft umsetzen könne.

Die Wahlbeteiligung lag nach Hochrechnungen mit 56,4 Prozent niedriger als bei der letzten Wahl. Wegen des gesteigertem Interesses der Bevölkerung an politischen Fragen war mit einer höheren Beteiligung gerechnet worden. ANDRÉ KUNZ

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