: Laster gehören auf die Bahn
Verkehrssenator Strieder (SPD) lehnt Lkw-Maut auf der Stadtautobahn ab. Notfalls will er den Gesetzentwurf der Bundesregierung im Bundesrat stoppen. Grüne: Maut nicht aufweichen
von CHRISTIAN TERIETE
Zwischen Bundesregierung und Senat ist ein heftiger Streit über die geplante Autobahnmaut für Lastwagen entbrannt. Verkehrssenator Peter Strieder (SPD) bezeichnete den Gesetzentwurf als „Anschlag auf die Mobilität in Berlin“. Er befürchtet, dass die Gütertransporte wegen der Maut von der Stadtautobahn in die Innenstadt ausweichen. Die Straßengebühr dürfe daher in Berlin nicht gelten.
Andernfalls werde man im Bundesrat „ein Veto“ einlegen, kündigte Strieders Sprecherin Petra Rohland gestern an. Man wolle andere Stadtstaaten und Ballungsgebiete dafür gewinnen, ebenfalls für eine Sonderregelung einzutreten. Grundsätzlich begrüße man die geplante Maut, so Rohland. Für Berlin sei die Abgabe jedoch kontraproduktiv. Ihre Behörde setze lieber die Arbeit an einem Leitsystem fort, das Lkws an Wohngebieten vorbeilotsen soll.
Das von Strieders Parteikollegen Kurt Bodewig geleitete Bundesministerium für Verkehr zeigt für die Bedenken jedoch kein Verständnis. „Mit einer Verlagerung des Güterverkehrs in die Innenstadt ist nicht zu rechnen“, sagte Sprecher Felix Stenschke. Er beruft sich dabei auf Studien des Ministeriums zu möglichen Folgen der geplanten Maut. Den Spediteuren sei Zeitsicherheit besonders wichtig, so Stenschke: „Die werden sich kaum lange Staus einhandeln, nur um 2,50 Mark zu sparen.“
Kommt es auf den so genannten Schleichwegen dennoch zu erhöhtem Verkehrsaufkommen, sieht der Gesetzentwurf der Regierung eine Sonderregelung vor: Bundesstraßen können dann ebenfalls kostenpflichtig werden, um die Laster auf die Autobahn zurückzudrängen. Dann wäre in Berlin etwa die B 5 von der Heerstraße quer durch die gesamte Innenstadt bis zur Frankfurter Allee mautpflichtig.
„Unmöglich“, sagt Strieder-Sprecherin Rohland. Mautstellen in der City seien ein „riesiger Aufwand“ und in einer Stadt wie Berlin „nicht zu machen“. Auch geltendes EU-Recht spreche gegen Maut auf Bundesstraßen. Im Falle einer Niederlage der Berliner im Bundesrat plädiere ihre Behörde dafür, die Stadtstraßen für Lkw-Verkehr zu sperren.
Der CDU-Verkehrsexperte Alexander Kaczmarek warf Strieder daraufhin „puren Populismus“ vor. Seine Partei spreche sich zwar auch gegen die Maut in Berlin aus, eine Sperrung der Innenstadt für Lkws sei jedoch „völliger Nonsens“. Kaczmarek bezeichnete Strieders Notfallplan als „Pipifax“, der sich verkehrsrechtlich gar nicht umsetzen lasse. Einzig eine Befreiung von der Maut sei für Berlin hilfreich.
Der Berliner SPD-Verkehrsexperte Christian Gaebler unterstützt seinen Senator. Denn auch in an anderen europäischen Großstädten, wie Paris, werde auf innerstädtischen Autobahnen keine Maut verlangt.
Ärger droht Strieder aber mit dem Koalitionspartner. Michael Cramer, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus, lehnt eine Sonderregelung für Berlin rigoros ab. Man dürfe das Mautgesetz „auf keinen Fall gleich aufweichen“. Eher solle die Maut für Lkws auf alle Straßen ausgeweitet werden. Cramer erhofft sich von der Straßengebühr ein Nachlassen von Billiglohnangeboten und Dumpingpreisen im Transportgeschäft. Das sei eine Chance für die Bahn, endlich konkurrenzfähig zu werden und mehr Güter von der Autobahn auf die Schiene zu holen.
Genau das hat die Bahn vor. In Wustermark baut sie derzeit ein neues Güterverladezentrum. Hier sollen Güter von der Straße auf die Schiene gehoben werden. Ein ähnlicher Umschlagsplatz in Großbeeren ist bereits in Betrieb. „Dessen Auslastung fällt zwar noch gering aus“, sagte Bahn-Sprecher Andreas Fuhrmann gestern, „doch wir rechnen infolge der Lkw-Maut mit Zuwächsen im Cargo-Verkehr.“
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