WÄHRUNGSFONDS UND GLOBALISIERUNGSKRITIKER HÖRTEN EINANDER ZU: Zu breite Gräben, zu schmale Brücken
Spätestens seit dem G-8-Gipfel in Genua gehört es für Politiker zum guten Ton, mit Nichtregierungsorganisationen (NGOs) für und wider die Globalisierung zu streiten. Das gestrige Treffen von Horst Köhler, Chef des Internationalen Währungsfonds, mit europäischen Entwicklungshilfeverbänden hatte dennoch eine besondere Note: Einerseits ist der IWF Hauptfeind vieler NGOs, andererseits ist Köhler eine kompetentere und diskussionsfreudigere Adresse als etwa der Bundeskanzler. Gerade deshalb ist es allerdings unwahrscheinlich, dass der Globalisierungs-Honeymoon zwischen NGOs und ökonomischem Establishment je zu einer stabilen Partnerschaft wird. Zu breit sind die Gräben, die den IWF von den meisten NGOs trennen – mal ganz zu schweigen von denjenigen, die den Fonds völlig abschaffen wollen.
So hat sich der Fonds in den vergangenen 20 Jahren immer stärker als ultimativer Entwicklungshelfer aufgespielt. Er koppelte Sonderkredite an strikte Haushaltsdisziplin und habe damit bei den Armen viel Schaden angerichtet, kritisieren die NGOs und fordern je nach Radikalitätsgrad, wirtschaftspolitische Auflagen ganz abzuschaffen oder sozialverträglicher zu gestalten. Für den IWF sind aber Sonderkredite ohne „hartes“ Stabilitätsprogramm indiskutabel.
Dann wäre da der Streit um die Kapitalmarktkontrollen. Auch im Fonds wurden nach der letzten Finanzkrise Stimmen laut, ein gewisses Abbremsen der Kapitalflucht in den Dollar sei gar nicht so schlecht. Und als kürzlich die Türkei in der Krise steckte, hätte Köhler gerne mit der alten Praxis gebrochen, über neue IWF-Kredite an die Regierung die privaten Geldanleger vor Verlusten zu bewahren – Köhler konnte sich aber nicht durchsetzen. Nicht in Frage kommt für den IWF-Apparat die weltweit zu erhebende Tobin-Steuer auf Devisengeschäfte: Die gilt beim IWF als Utopie.
So bleibt doch der Eindruck, dass der gestrige Termin taktische Gründe hatte: Lernen deinen Feind kennen. Denn die nächsten internationalen Protestaktionen der GlobalisierungskritikerInnen stehen schon vor der Tür. KATHARINA KOUFEN
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