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Zu Erfolg verdammt

Im Streit um die Zuwanderung ruft Grünen-Chef zur Mäßigung auf. Ausländerbeauftragte: Zeitplan „mörderisch“. Innenminister uneins

BERLIN taz ■ Die Drohung der NRW-Grünen, „zur Not unser Veto“ gegen das Zuwanderungsgesetz einzulegen, dürfte den grünen Bundespolitikern kaum gefallen. Parteichef Fritz Kuhn war gestern erkennbar bemüht, den rot-grünen Konflikt nicht eskalieren zu lassen. „Ich halte die ganze Aufregung für zu groß“, sagte Kuhn. Er glaube auch nicht daran, dass man mit Drohungen eine konstruktive Gesprächsatmosphäre herstellen könne.

Kuhn zeigte sich optimistisch, dass noch vor der Kabinettssitzung am 26. September eine Lösung gefunden werden könne.

Hart in der Sache, aber freundlich im Ton – das sei die Verhandlungslinie der Grünen. Kuhn bekräftigte, dass seine Partei mit dem Gesetzentwurf von Innenminister Otto Schily (SPD) „nicht zufrieden und nicht einverstanden“ sei. Die Grünen lehnen darin vorgesehene Neuregelungen beim Ausländerrecht und Flüchtlingsschutz ab. Ein Kompromiss sei aber möglich.

Die Ausländerbeauftragte Marieluise Beck (Grüne) zeigte sich dagegen skeptisch, ob die Einigung bis zum 26. September möglich sein werde. Der Zeitplan sei „mörderisch“. Rot-Grün sei aber „zum Erfolg verdammt“.

Auch aus SPD wurden gestern erneut Nachbesserungen des Schily-Entwurfs gefordert. So sagte Innenausschuss-Chefin Ute Vogt: „Ich glaube, dass es bei der Frage der nichtstaatlichen Verfolgung und der frauenspezifischen Fluchtgründe den Wunsch nach Änderungen gibt.“

Das CDU-Präsidium lehnte den Schily-Entwurf unterdessen offiziell ab. CSU-Chef Edmund Stoiber betonte, Schilys Entwurf sei für die Union keine Beratungsgrundlage, weil er eine massive Ausweitung der Zuwanderung zur Folge hätte.

Die Innenminister von Bund und Ländern konnten sich gestern bei einem Treffen in Magdeburg nicht auf eine gemeinsame Haltung zu dem geplanten Zuwanderungsgesetz einigen. Nun soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einen Kompromiss ausarbeiten. Schily zeigte sich weiter zuversichtlich, dass es im Bundesrat eine Mehrheit für eine Neuregelung der Zuwanderung geben werde. „Ich bin überzeugt, dass die Aussichten für einen Konsens durchaus günstig sind.“ Ganz anders äußerte sich Bayerns Innenminister Günther Beckstein: „Ich weiß nicht, wie Schily Feuer und Wasser zusammenbringen will.“

JENS KÖNIG/LUKAS WALLRAFF

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