Miethai & Co: Dekorativ
Gestaltungsrechte der Mieterin ■ Von Sabine Weis
Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Ebenso wenig kann den MieterInnen das Recht abgesprochen werden, während der Mietzeit ihre Wohnung ihren eigenen Geschmacksvorstellungen entsprechend dekorativ zu gestalten.
Der Umfang des Gestal-tungsrechts wird in dem kürzlich vom Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg entschiedenen Fall deutlich. Die Mieterin hatte Styropor-Platten an Decken und Plastikfolien auf Türen und Türrahmen angebracht. Der Vermieter verlangte die Entfernung und als die Mieterin dieser Aufforderung nicht nachkam, einen Vorschuss auf die Kosten der Entfernungsmaßnahme.
Das Gericht entschied gegen den Vermieter und führte aus, dass die Mieterin zwar nach Beendigung des Mietverhältnisses die angebrachten Platten und Folien entfernen müsse. Während der Mietzeit sei die Mieterin jedoch nicht gehindert, sich „an eben diesen Dekorationen zu erfreuen“, denn die vorgenommenen Ausgestaltungen gehörten zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache. Begründet wird dies folgendermaßen: „Dass hierzu (zum vertragsgemäßen Ge-brauch) heute üblicherweise auch Styropordecken und Klebefolien auf dem Holzwerk gehören, beweist der Umsatz der dieses Material vertreibenden Baumärkte, auch wenn die Umgestaltung der Wohnung in diesem Sinne möglicherweise weder dem Geschmack des Vermieters noch seiner Vertreter oder der entscheidenden Richter entspricht.“
Seine Forderung nach einem Vorschuss auf die Kosten der Entfernungsmaßnahme konnte der Vermieter auch nicht damit begründen, dass die Mieterin arm und alt sei und keine Kaution geleistet habe. Eine Kautionsabrede hätte bei Mietvertragsschluss vereinbart werden müssen, so das Gericht. Nachträglich habe der Vermieter keinen Anspruch auf eine Sicherheitsleistung.
Sabine Weis ist Juristin bei Mieter helfen Mietern,Bartelsstraße 30, 20357 Hamburg, Telefon 431 39 40
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