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■ Je ne regrette rienWie man die Piaf lieben lernt

Der Spatz ist tot, der Spatz von Paris. Edith Piaf. Wer soll jetzt von den Dächern pfeifen? Wie können wir weiterhin ein normales Leben führen? Wie kann sich die Erde weiter drehen, bei all dem Schmerz? Übertrieben? Nein. Danielle hat sie geliebt, die Piaf. Danielle war ihr Hausmädchen und steht nun, nach dem Tod der Piaf, in deren Wohnung und hat die leidvolle Aufgabe, die Sachen des Spatzen in Kartons zu verpacken. Dabei ist Danielle selbst noch nicht ganz bei sich, der Tod der Piaf ist gerade mal eine Woche her. Sie erinnert sich traurig an die vergangenen Jahre.

Danielle ist keine Erfindung, das Hausmädchen der Piaf gab es wirklich. Die Geschichte aber, die Annette Ziellenbach in der Rolle der Danielle auf der Bühne der Shakespeare Company erzählt, ist fiktiv. Den letzten Tag in der Wohnung gab es so nicht, aber die Geschichten, die Ziellenbach aus dem Leben der Piaf erzählt, sind wahr. Das Stück heißt „Toujours la Piaf“ – immer wieder die Piaf – und ist eigentlich, trotz der Tragik der Situation, eine Komödie.

Es ist das Abschiedsstück von Annette Ziellenbach, die bei der Shakespeare Company gekündigt hat. Nina Schindler schrieb den Text, Regie führte Uta Motz, die Ziellenbach bereits seit der Schauspielschule kennt. Es ist ein Zwei-Personen-Stück, in dem Danielle dem Pianisten aus dem Orchester der Piaf, der kommt, um seine Noten abzuholen, vom schillernden Leben der nur 148 cm großen Chanson-Legende erzählt. „Mich begeis-tert, dass so ein kleiner Mensch so voller Energie stecken kann“, erklärt Annette Ziellenbach ihre Vorliebe für Edith Piaf. „Wir haben in ihrer Biografie nach Dingen gesucht, die uns besonders berühren“, so Regisseurin Uta Motz. „Edith Piaf war eine sehr dominante Person, sie war abergläubisch, morphiumsüchtig und sehr krank.“ „Toujours la Piaf“ nur als Komödie abzustempeln, würde dem Stück nicht gerecht werden, durchläuft man doch als Zuschauer alle Gefühlslagen. Von Mitleid mit der kranken Sängerin über tränennahes Schmachten bis hin zum herzhaften Lachen über das etwas einfach gestrickte Hausmädchen. Annette Ziellenbach spielt wunderbar überzeugend die Rolle der Danielle, wie sie den Boden schrubbt, wie sie die Chansons der kleinen Diva singt: „Milord“, „Je ne regrette rien“ (Ich bereue nichts,). Ein einziges Wort reicht, um sie zu beschreiben: entzückend.

Das hilft über die anfängliche Verwirrung hinweg, dass der Pianist, gespielt von Alexander Seemann, stumm bleibt. Anfangs möchte man ihn an den Schultern rütteln und schreien: Sag doch endlich was. Aber dann stört es gar nicht mehr, er ist eben stumm. Schließlich begleitet er Danielle auf Klavier und Akkordeon – bravourös, zum Dahinschmelzen. spo

Der nächste Spieltermin von „Toujours la Piaf“ ist am 30. September um 20.30 Uhr im Falstaff.

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