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Die Muse der CDU

Beim Rechtsblock stehen die Anwärterinnen auf den Job der Kultursenatorin Schlange. Ole von Beust hat die Qual der Wahl  ■ Von Peter Ahrens

Voraussetzung: Frau. Parteilos. Seit Donnerstag laufen in der Hamburger CDU-Parteizentrale am Leinpfad die Drähte heiß, ist der Briefkasten verstopft. Alle wollen den Mega-Job: Kultursenatorin. Immer umsonst ins Theater, Freikarten für den neuen van Damme, kostenlose Kaltgetränke, Dienstwagen, mit Schill am Tisch sitzen dürfen. Bewerbungsgespräche laufen rund um die Uhr, „wir verhandeln auf höchstem Niveau“, verkündet der kommissarische Leiter des Kulturressorts, Volker Rühe. Namen sickern durch, Hochkaräterinnen. Wer ist schon Nike Wagner? Ein Niemand.

So soll sich die Drei-Männer-Koalition bereits auf die Kandidatin Ariane Sommer versteift haben. Sommer kommt aus gutem Hause, kennt sich mit „Events“ aus. Qualifikation: Sie wird abends nicht so schnell müde. DJ Schill (Schill) freut sich: „Geile Senatorin.“ Danach gehts zur Senatsklausur ins Valentinos.

Gehandelt wird in den letzten Tagen auch immer wieder der Name Leni Riefenstahl (99, respektive 1000). Man schätze an ihr besonders ihre „ungeheure Erfahrung“, wie aus Senatskreisen zu hören war. Riefenstahl verfügt über gute Verbindungen in die künftigen Regierungsparteien, sie hat in deren Auftrag bereits den Film über den großen Wahlsieg der FDP vom 23. September gedreht und produziert: Triumph des Willens II, Admirals Cut. Demnächst im Kino. Riefenstahl hat dem neuen Senat bereits erste Ideen unterbreitet: So schwebe ihr vor, den nächsten Schill-Parteitag zu einem „kulturellen Ereignis ersten Ranges“ zu machen. Auch darüber könne ein Film gedreht werden, der Hamburg international wieder bekannter machen würde. Riefenstahls Handicap: Ihre Berufung als Senatorin könnte nicht als Signal verstanden wissen, dass der Rechtsblock tatsächlich mit einer vierjährigen Regierungszeit rechnet.

Es ist kein Geheimnis, dass die Christdemokratie am liebsten Sabine Christiansen auf dem Senatorinnenstuhl sitzen sähe. Streng, norddeutsch, blond, CDU-nah – der Style passt. Ihr Problem: Die von ihr gestellte Bedingung, sie gehe nur in einen Senat, den sie auch moderieren dürfe, konnte von Beust ihr nicht zusagen.

Lokalkolorit brächte auch Lilo Wanders mit. Hervorragende Abendgarderobe, theater- und kameraroutiniert – Wanders hat allerdings schon abgewunken. Sie wäre lieber Sozialsenatorin („Hallo, liebe Liebenden“) geworden.

So könnte es, wenn Ariane Sommer nicht will, doch auf Gräfin Pilati hinauslaufen. Die Aristokratisierung des Senates schreitet voran. „Hamburg hat ja auch einen Flughafen“, zeigte die Gräfin lebhaftes Interesse an dem Amt. Außerdem habe sie schon selber ein Kochbuch („Gulaschkanone, Eisbombe und Serbische Bohnensuppe: Rudis schönste Rezepte“) veröffentlicht, die Literatur-Szene sei ihr daher bestens vertraut. Allerdings müsse der Etat des Ressorts erheblich ausgeweitet werden, um die Kultur-Partnerschaft Hamburgs mit El Arenal auf eine neue Grundlage zu stellen. Dazu sei eventuell die eine oder andere Dienstreise erforderlich. CDU und FDP haben bereits Zustimmung signalisiert. „Wir wollen die besten Köpfe“, hieß es aus der Pressestelle des Bürger-meisters.

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