: Ende der Grabschändung
■ Senat schwenkt bei Neuengamme um
In Sachen Neuengamme rudert der neue Senat zurück. Falls gemeinsam mit den Opferverbänden und jüdischen Organisationen keine andere Lösung gefunden wird, „werden wir den Beschluss der Bürgerschaft zur Verlegung des Gefängnisses umsetzen“, sagt CDU-Fraktionschef Michael Freytag in der ersten Aktuellen Stunde der neuen Legislaturperiode. Fritz Bringmann, KZ-Überlebender sitzt auf der Besuchertribüne der Bürgerschaft und hört Beruhigendes. Man werde „eine würdige und für alle Belange tragfähige Lösung“ finden, sagt der neue Justizsenator Roger Kusch (CDU). Damit ist der Rechtsblock von seinem ursprünglichen Plan, das Gefängnis auf dem ehemaligen KZ-Gelände zu belassen, abgerückt.
Die Skepsis bei SPD und GAL bleibt. „Bedauerlich, peinlich und ärgerlich“ findet es der frühere SPD-Fraktionschef Holger Christier, dass der neue Senat die Debatte um den Knast Neuengamme neu eröffnet hat. Hamburg sei gegenüber den KZ-Häftlingen im Wort, und dieses Wort zu brechen, sei ein „gedankenloser, fahrlässiger Stil“. Auch Chris-ta Goetsch für die GAL sieht das „Ansehen Hamburgs international beschädigt“, und ihr Fraktionskollege Willfried Maier nennt es „Grabschändung“, das Gefängnis auf dem KZ-Gelände zu belassen.
Die neuen Koalitionäre erwe-cken den Eindruck, als hätten sie nie erwogen, die Verlegungspläne zu stoppen. „Dieses Thema eignet sich nicht für den politischen Meinungsstreit“, schulmeistert Freytag, und sein Schill-Kollege Frank-Michael Bauer ist plötzlich der Ansicht: „Niemand will den weiteren Ausbau der Gedenkstätte verhindern.“ Verabredeter Sprachgebrauch der Rechtsblock-Abgeordneten: Schließlich sei es doch die SPD gewesen, die 1948 den Bau des Gefängnisses auf dem Gelände veranlasst hätte. aha
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