: Wachstum bei Solarstrom
Sarasin-Studie: Der Boom im Sektor Photovoltaik wird sich bis 2010 zweistellig fortsetzen. Die Analysten sehen Zuwachs bei Rohstoff sparenden Verfahren. Kristalline Zellen verlieren an Boden
„PV 2001“ heißt eine Studie des Schweizer Bankhauses Sarasin & Cie in Basel. Hinter dem angenehm kurzen Titel verbergen sich viele Fakten, noch mehr Spekulationen, aber auch Ungenauigkeiten: Es geht um „Markt, Akteure und Prognosen“ in Sachen Photovoltaik, und zwar weltweit.
Sarasin unterhält eine eigene Abteilung für „Nachhaltigkeitsforschung“ und legt regelmäßig derartige Studien vor. Schon 1998 verglichen die Banker den Photovoltaikmarkt ob seiner Wachstumsraten und Entwicklungspotenziale mit der Mobilfunkindustrie. Bescherte der Handy-Boom Herstellern und Händlern Zuwächse zwischen 15 und 20 Prozent, vergrößerte sich der Photovoltaikmarkt von 1990 bis 1996 um durchschnittlich zehn Prozent, um dann 1997 mit 43 Prozent Wachstum nachgerade zu explodieren und fortan Raten zwischen 20 und 38 Prozent aufzuweisen.
Gemessen daran scheint die Sarasin-Prognose von durchschnittlich 17,5 Prozent Wachstum bis 2010 fast zaghaft. Doch weil zum Beispiel schon Schwierigkeiten mit Förderprogrammen in einem einzigen der Hauptmärkte ausreichen, um den Weltmarkt nachdrücklich zu beeinträchtigen, scheint Vorsicht angebracht. Die Energiepolitik der US-Regierung, die Wirtschaftskrise in Japan und natürlich auch die unabsehbaren Folgen der Terroranschläge von New York und Washington beeinträchtigen die Solarindustrie mindestens ebenso stark wie jeden anderen Wirtschaftszweig.
In früheren Prognosen lag man jedenfalls schon leicht zu hoch: Für das Jahr 2000 wurde eine Solarzellenproduktion von 303 Megawatt (MW) vorausgesagt, erreicht wurden nur 288. Bis 2010 sagt man nun etwa 1.400 MW voraus.
Eben weil die Entwicklung entscheidend bestimmt wird von Faktoren, die sich schlecht prognostizieren lassen, beschränkt sich der Autor der Studie, Christoph Butz, auf die Zeit bis zum Jahr 2010. Die 26 Seiten umfassende Expertise gibt auch keine konkreten Investment-Tipps, sondern versteht sich als „Makrostudie“ und Orientierungshilfe. Sie basiert auf Datenmaterial, das das amerikanische Consultingbüro PV Energy Systems zur Verfügung stellte, manchen bekannt als Herausgeber des Infodienstes „PV News“. Den höflichen Dank an deren Inhaber Paul D. Maycock für die „präzisen und wertvollen Informationen“ würden manche Experten indes wohl gern relativieren. So wird man zum Beispiel bei der Firma Mitsubishi wenig davon halten, dass der weltweit neuntgrößte Hersteller von Solarzellen in der Aufstellung der „Top Ten“ der Branche gar nicht auftaucht. Shell Solar und Siemens Solar Industries werden dagegen trotz ihres Zusammenschlusses noch als zwei getrennte Anbieter auf Platz zehn beziehungsweise vier geführt.
Abseits gesicherter Fakten bewegt sich die Studie, wenn sie die Entwicklung verschiedener Technologien abschätzt. Der Marktanteil von monokristallinen Siliziumzellen wird demnach von heute etwa 31 auf künftig rund 20 Prozent ebenso sinken wie der von semi- und polykristallinen Zellen, die in zehn Jahren nicht mehr, wie heute noch, die Hälfte (48,7 Prozent), sondern nur noch etwa 30 Prozent des Weltmarktes abdecken sollen. Steigerungen werden für Verfahren erwartet, die sparsam mit dem Rohstoff umgehen: Sowohl amorphe Siliziumzellen als auch das Schicht- und Bandsilizium-Verfahren sollen zulegen.
Das Potenzial für Cadmium-Tellurid-Zellen wird wegen ihrer wenig günstigen Umweltbilanz, wie es in der Studie heißt, dagegen mit einem möglichen Marktanteil von drei bis vier Prozent verhalten eingeschätzt. Mehr Chancen räumt die Studie den Kupfer-Indium-Diselenid-Zellen ein, falls es gelingt, bei deren Produktion das in nur geringen Mengen verfügbare Selen außen vor zu lassen. JOCHEN SIEMER
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