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Markt muss transparent sein

Gibt es einen Zusammenhang zwischen ökologischer Ausrichtung eines Unternehmens, Erfolg und Rendite? Ein europäisches Forschungsprojekt will dies untersuchen. Erste Phase ist abgeschlossen

Shareholder-Value, mithin die Steigerung des Unternehmenswertes für die Eigentümer und die Orientierung an den Erfordernissen einer nachhaltigen Entwicklung sind zwei auf den ersten Blick konträre Ziele, denen sich Unternehmen heute zunehmend verpflichtet sehen. Von Verfechtern nachhaltiger Wirtschaftsweisen wird ins Feld geführt, die beiden Ziele schlössen sich nicht aus, es gäbe sogar einen Zusammenhang zwischen ökologischer Ausrichtung und Unternehmenserfolg.

Diesem Zusammenhang und seiner Bedeutung für den Kapitalmarkt geht nun ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertes Projekt nach, das zurzeit an der European Business School in Oestrich-Winckel in Kooperation mit dem Freiburger Öko-Institut und dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung durchgeführt wird. Erste Ergebnisse wurden nun zum Abschluss der ersten Phase vorgestellt, in der es um eine Bestandsaufnahme des Marktes ging.

Die Grundhypothese des Projekts sei, so sagt Projektleiter Rolf-D. Häßler, dass „der Finanzmarkt ein wichtiger Hebel zur Förderung einer nachhaltigen Wirtschaftsweise und gerade der Markt für ethische und ökologische Geldanlagen ein wichtiger Treiber dafür sein kann“. Wesentliche Voraussetzung dafür sei es allerdings, dass die Effizienz und Transparenz dieses Marktes verbessert wird. Und hier stellt die Studie eklatante Mängel fest.

Die mit einer Flut unterschiedlicher Bewertungskriterien und -methoden konfrontierten Unternehmen kritisieren zum Beispiel die fehlende Berücksichtigung branchenspezifischer Besonderheiten. Eine Bank hätte beispielsweise berichtet, dass sie mit sehr großem Aufwand den Wasserverbrauch in den einzelnen Filialen erfasst habe. Es sei allerdings zu fragen, ob das für den Bankenbereich eigentlich eine wichtige Kennzahl unter Nachhaltigkeitsaspekten sei. Die unterschiedlichen, auf dem Markt agierenden Research-Institute und Fondsgesellschaften verfolgen hier ihre jeweils eigenen Konzepte, so charakterisiert Häßler die gegenwärtige Situation. Fast alle fragen in ihren Fragebögen, zum Beispiel im Bereich Umweltperformance, das Stichwort „Reduktion klimarelevanter Emissionen“ ab. Dahinter verbergen sich allerdings im Detail doch sehr unterschiedliche Fragestellungen. Das Spektrum reicht von Absolutzahlen in Tonnen pro Jahr bis zu relativen Kennzahlen mit unterschiedlichen Bezugsgrößen, wie Mitarbeiterzahl oder Produktionseinheit. Zudem berechnen die Unternehmen selbst ihre Kennzahlen unterschiedlich. Einige Firmen beschränken sich auf energiebedingte Emissionen, andere berücksichtigen auch verkehrsbedingte Emissionen (Geschäftsreisen). So ist ein Vergleich ausgesprochen schwierig.

Grundsätzliche Zweifel, bezogen auf die Transparenz des Marktes für nachhaltige Kapitalanlagen, melden Verbraucher- und Umweltschutzverbände sowie kritische Anleger an. Die Grundfrage, darauf weist Volkmar Lübke von den Kritischen Aktionären hin, welche Verlässlichkeit die Selbstauskünfte von Unternehmen in sensiblen Bereichen eigentlich hätten, würde kaum noch gestellt und könne fast als „Tabu“ der Branche gelten.

Ein hoher Kommunikationsbedarf ist in jedem Fall gegeben. Denn die Portfolios der Nachhaltigkeitsfonds sind kaum von denen konventioneller Fonds zu unterscheiden. Der Elektronikkonzern Sony findet sich einträchtig neben dem Ölmulti Shell, und die Deutsche Bank ist ebenso vertreten wie Automobil- und Rüstungskonzern DaimlerChrysler, der Handygigant Nokia, der Chiphersteller Intel oder auch der Nahrungsmittelkonzern Nestlé. Was ausgerechnet diese Unternehmen nun dazu prädestiniert, in ethisch ökologische investierende Fonds aufgenommen zu werden, ist nicht nur auf den ersten Blick tatsächlich erklärungsbedürftig.

Eines der Ziele des Projekts ist es denn auch, standardisierte Nachhaltigkeitsprofile zu entwickeln, die die Nachhaltigkeitsperformance von Unternehmen für den Finanzmarkt transparent macht. Diese Informationen sollen allen Marktteilnehmern zugänglich gemacht werden. Auf einer Internetplattform sollen sich in Zukunft institutionelle und private Anleger über nachhaltige Investmentprodukte informieren können. Die Plattform wird, so die Projektplanung, im Frühjahr nächsten Jahres online gehen.

Sind Unternehmen, die sich nachhaltig verhalten und im Umwelt- und Sozialbereich bestimmte Maßnahmen durchführen, wirklich wirtschaftlich erfolgreicher als andere? Das wird die wichtigste Fragestellung der zweiten Projektphase sein. Um dies zu klären, arbeitet das Forschungsteam auf zwei Ebenen. Zum einen soll der Zusammenhang Unternehmenserfolg und Umwelt- und Sozialperformance mit Hilfe von mathematisch-statistischen Tests nachgewiesen werden. Zum anderen wird in Fallstudien mit vierzehn großen deutschen Aktiengesellschaften überprüft, welche Erfahrungen diese Unternehmen mit Umwelt- und Sozialmaßnahmen und deren wirtschaftlicher Rentabilität haben.

Und was, wenn am Ende nun herauskommen würde, dass es den viel beschworenen Zusammenhang von nachhaltiger Wirtschaftsweise und wirtschaftlichem Erfolg nicht gibt? Über diese Frage hätte man natürlich auch nachgedacht, sagt Rolf-D. Häßler. Neben dem Hinweis auf vorliegende Studien, die diesen Zusammenhang nahe legten, ist sein zweites Argument vielleicht wesentlicher. Der Shareholder-Value könne nicht die Rechtfertigung jeder Umwelt- und Sozialmaßnahme sein. Häßler spricht von einer „gesellschaftlichen Betriebslizenz“, die Unternehmen erwerben und einlösen müssten, unabhängig davon, ob die Maßnahmen Einfluss auf den Shareholder-Value haben. Und solange der Markt nicht die wirklichen Preise für Umweltgüter, wie Luft, Wasser oder Boden widerspiegele, könne der Shareholder-Value sowieso nicht der einzig richtige Maßstab sein. BIRGIT BOSOLD

Zwischenbericht: www.instoec.de, Kontakt: haessler@instoec.de

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