: „Die Gefährdung muss jedem bewusst sein“
Auf dem Berliner Kongress „Die Bundeswehr im Bündnis – Bündnis für die Bundeswehr“ äußern Bundeswehroffiziere ihre Befürchtungen
BERLIN taz ■ Schlechtes Omen oder Zufall? Die Teilnehmer des von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion organisierten Bundeswehrkongresses kamen auf dem Weg zum Veranstaltungssaal an einem Relikt des 2. Weltkriegs vorbei. Im vierten Stock des Berliner Technikmuseums steht eine Stuka der deutschen Wehrmacht, die derzeit restauriert wird. Die Maschine, die bei Moskau abgeschossen wurde, ist von Einschusslöchern übersät, vom Cockpit sind nur die Umrisse geblieben, die Tragflächen fehlen.
Etwa 200 Teilnehmer – Vertreter der Bundeswehr, von Botschaften, aus der Wirtschaft und Militärattachés – strömten gestern zu dem Kongress „Die Bundeswehr im Bündnis – Bündnis für die Bundeswehr“. Doch in den Reden zur „skandalösen Unterfinanzierung der Bundeswehr“ (Exverteidigungsminister Volker Rühe, CDU) und zum „wohl baldigen Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan“ (CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz) wurde ein anderes Flugzeug als Symbol gewählt: ein Rosinenbomber vom Typ C 47 „Skytrain“, der als sichtbarer Dank der Berliner für die Luftbrücke der Amerikaner an der Fassade des Museums angebracht ist. Merz erklärte: „Wir können den amerikanischen Freunden die Risiken des Krieges nicht allein überlassen.“
Unter der Hand voll Männer in Bundeswehruniform war ein 50-jähriger Hauptmann, der als Lehrer für Krankenpflege in der Berliner Julius-Weber-Kaserne tätig ist. Angesichts der aktuellen Situation sei er „gespalten“ zwischen seiner Arbeit bei der Bundeswehr, die für ihn „kein Job, sondern ein Beruf“ ist, und der Befürchtung, „dass man irgendwann über Atombomben reden könnte. Da ist schon eine Mulmigkeit.“ Der 51-jährige Kompaniefeldwebel Wolfgang Quast aus der gleichen Kaserne, der als „alter Hase kurz vor der Pensionierung“ steht, beantwortete die Frage, wo für ihn die Grenzen der „uneingeschränkten Solidarität“ liegen, mit einer Gegenfrage: „Kommen die Soldaten vom Einsatz zurück oder nicht?“ Bilder von Zinksärgen wird es geben, da ist er ganz sicher. Obwohl ihm bei dieser Vorstellung „nicht gut zumute“ sei, würde er einem Einsatzbefehl folgen, wäre er jünger. Zum Schluss erinnerte er sich an den Eid, den er vor vielen Jahren geschworen hat: „Der Bundesrepublik treu zu dienen – damit war nicht das Ausland gemeint.“ Es seien nur „junge Hitzköpfe“, die sich mit einem „Jawoll, jetzt geht’s los“ auf einen „Afghanistan-Einsatz“ freuen würden.
Hauptmann Hinrich Schnell ist mit seinen 31 Jahren zwar jung, doch kein Hitzkopf. Er war als stellvertretender Kompaniechef ein halbes Jahr im Kosovo. Dort hat er Dinge erlebt und gesehen, die für ihn „eine wichtige Lebenserfahrung“ waren, weil man diese „nicht üben“ könne: „Leid, Tod und tagtäglich Verbrechen“. Jeder Auslandseinsatz, ob in Bosnien, im Kosovo oder in Afghanistan, sei nun mal mit Gefährdung verbunden, sagte er. „Das muss jedem bewusst sein.“ Für den Hauptmann und Jugendoffizier Ralph Burghart (31) ist die „Zielrichtung“ des Einsatzes entscheidend. „Mit einem blinden Reinwerfen von Soldaten kann ich mich nicht anfreunden.“
B. BOLLWAHN DE PAEZ CASANOVA
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