Miethai&Co: Zweifel erlaubt
Eigenbedarfskündigung ■ Von Sabine Weis
Der häufigste Grund, der in fristgemäßen Kündigungen vom Vermieter angeführt wird, ist der Wunsch des Vermieters die angemietete Wohnung für sich oder nahe Familienangehörige zu nutzen. Ein Eigenbedarf kann allerdings auch vorgeschoben sein, um unbequeme Mieterinnen oder Mieter loszuwerden.
Das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 3.8.2001 ist ein Beispiel dafür, welche Indizien Zweifel an dem Kündigungsgrund des Vermieters aufkommen lassen. Der Vermieter hatte behauptet, er benötige die Wohnung für seinen Sohn, da ein gemeinsames Wohnen nicht mehr gewollt sei. Der Kündigung gingen zahlreiche Auseinandersetzungen zwischen Mieter und Vermieter voraus, in denen der Vermieter die kurzfristige Beendigung des Mietverhältnisses wünschte. Diese Streitereien und ein widersprüchlicher Vortrag des Vermieters zu den aktuellen Wohnverhältnissen machten das Gericht stutzig, als nunmehr Eigenbedarf angemeldet wurde.
Bei einer Besichtigung des Hauses, in dem der Vermieter mit Ehefrau und Sohn angeblich wohnte, ging das Gericht so weit, die Inhalte von Kühlschrank und Kleiderschrank zu untersuchen. Beide erwiesen sich als ziemlich leer. Zusammen mit Zeugenaussagen kam das Gericht zu der Überzeugung, dass das Haus lediglich von dem Sohn des Vermieters bewohnt wurde. Damit sei, so das Gericht, sein Wohnbedarf mehr als erfüllt. Die Kündigung sah das Gericht daher als unwirksam an.
Nicht jede Eigenbedarfskündigung ist vorgeschoben. Wer aber Zweifel an einer solchen Kündigung hegt, sollte diesen nachgehen. Zum Beispiel kann es ratsam sein, im Grundeigentümerverzeichnis nachzuforschen, ob weitere Mietobjekte im Eigentum des Kündigenden beziehungsweise der Bedarfsperson stehen. Wenn nämlich im Wohnungsbestand des kündigenden Vermieters eine Alternativwohnung gerade leer steht oder stand, muss er sich fragen lassen, warum nicht diese Wohnung bezogen oder aber den gekündigten Mietern angeboten wurde.
Dem detektivischen Spürsinn der betroffenen Mieter sind auch im Weiteren keine Grenzen gesetzt, wenn es wie im vorgenannten Fall um das Erforschen der gegenwärtigen Wohnverhältnisse der Bedarfsperson geht.
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