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Russlands Südflanke kommt nicht zur Ruhe

Russische Flugzeuge bombardieren georgische Dörfer an der Grenze zu Tschetschenien. Russlands Präsident Putin weiß angeblich nichts davon

MOSKAU taz ■ Georgiens Präsident, Eduard Schewardnadse, hält es für dringend geboten, „neue Regeln einer Koexistenz“ zwischen der transkaukasischen Republik und Russland zu begründen. „Zwei Staaten können nicht in einem dauerhaften Spannungszustand verharren“, meinte er im georgischen Fernsehen, nachdem in der Nacht zum Mittwoch sechs russische Kampfflugzeuge vom Typ Su-25 und vier Mi-24-Hubschrauber den georgischen Luftraum verletzt und Ziele in der Grenzregion zu Tschetschenien bombardiert hatten. Unmittelbar danach trat in Tiflis der nationale Sicherheitsrat zusammen.

Die Beziehungen zwischen Tiflis und Moskau sind seit der Unabhängigkeit Georgiens nachhaltig gestört. Russische Kampfflieger verletzten dutzendfach den Luftraum und beschossen Dörfer in der Hochgebirgsregion. Diesmal seien die Flieger 50 Kilometer auf georgisches Gebiet vorgedrungen, behauptet Georgiens Luftabwehr. Russische Militärs wollen davon nichts wissen. Aber sie räumten ein, tagsüber Einsätze gegen tschetschenische Rebellen in den Bergen geflogen zu haben.

Derweil bestätigten Aufnahmen eines US-Aufklärungssatelliten, dass es sich bei den Flugobjekten um Typen russischer Herkunft gehandelt hat. Die Angriffe galten Zielen im Pankiski- und Archotskital, wo eine größere tschetschenische Gemeinde siedelt. Seit den Kriegswirren der 90er-Jahre dient das Pankiski-Tal Freischärlern als Rückzugsgebiet und Nachschubbasis.

Tiflis’ Gewaltmonopol endet an der Taleinfahrt, selbst wenn es den Rebellen das Handwerk legen wollte, wäre das mit erheblichem Risiko verbunden. Wiederholt hatte Moskau die Auslieferung des Feldkommandeurs Ruslan Gelajew verlangt, der sich in dem Tal aufhielt.

Die Unruhe an Russlands Südflanke kommt dem Nachbarn nicht ungelegen. Solange Moskaus Streitmacht in Tschetschenien gebunden ist, so das Kalkül, wird es die Finger von Georgien lassen. Die prorussische „Neubewertung“ des Tschetschenienkonfliktes im Westen dürften Tiflis zwingen, das Verhältnis seinerseits zu überdenken.

Russlands Militärs, die sich widerwillig dem antiterroristischen Schulterschluss mit dem Westen beugen, wollen daraus Kapital schlagen. Sei es verboten, Terroristen zu bombardieren, fragte ein hochrangiger Offizier im russischen Fernsehen.

Trotz des Zwischenfalls trifft Schewardnadse am Rande eines Gipfeltreffens der GUS-Staaten heute Kremlchef Putin in Moskau. „Bestimmte Kreise wollen ein Treffen zwischen den Präsidenten Russlands und Georgiens verhindern“, meinte Schewardnadse. Dass Putin, wie der kaukasische Fuchs suggeriert, vom Treiben seiner Streitmacht im Süden nichts weiß, klingt da etwas unwahrscheinlich.

KLAUS-HELGE DONATH

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