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die stimme der korrektur

Beim Korrekturlesen wird man ja so sensibel. In falsch geschriebenen Wörtern erblickt man nicht mehr das, was tatsächlich gemeint war, sondern das, was korrekterweise gemeint wäre. Ganze Welten erstehen so vor dem geistigen Auge des Korrektors, zu denen die Menschen, die sie geschaffen haben, oft gar keinen Zugang haben.

So findet der Normalsterbliche den Weg zur Heidelbergerstraße, egal wie sie geschrieben ist, ebenso den zum Adenauer Platz. Der Korrektor stößt sich an beiden. Er erkennt im ersten Fall eine Person, im zweiten einen Ort, denn nur von Ortsbezeichnungen abgeleitete Straßennamen schreibt man getrennt. Wer sich nicht darauf spezialisiert hat, wird niemals darüber sinnieren können, wo wohl Ortschaften wie Gabelsberg, Senefeld, Ack, Ritt oder Alexand liegen mögen – und wer den korrigierten Text nachher liest, auch nicht.

Andere Assoziationen funktionieren weniger durchsichtig, aber scheinen doch auch System zu haben. So finden sich in verschiedenen deutschen Städten, im Osten wie im Westen, Straßen, die nach dem preußischen General Yorck aus den „Befreiungskriegen“ benannt sind. Gerne wird bei ihm das c vergessen. Und man kann es auch umgekehrt falsch machen: So kamen in der taz-Korrektur, vermutlich bedingt durch die Nähe zur Berliner Yorckstraße, bis vor kurzem häufig Filmbesprechungen an, in denen die Stadt New York mit einem zusätzlichen c versehen war. Das las sich dann immer so, als ob man sich am Hudson nicht auf die englische Stadt, sondern auf den preußischen Feldherrn bezöge – eine groteske Vorstellung, die dann auch die Frage aufwarf, ob man sich in Deutschland mit einer einheitlichen Bedeutung von York und Yorck nicht wohler fühlen würde, und ob diese beiden Welten, denen die Namen entstammten, nicht doch in irgendeiner Weise zusammenhängen könnten.

Vor kurzem nun kursierte im taz-Haus ein Text, der dazu aufrief, in der aktuellen Situation keine Vergleiche mit Deutschlands Kriegserklärungen 1914 oder 1939 anzustellen, sondern sich auf die „Befreiungskriege“ zu beziehen, die „gerechte Kriege“ gewesen seien. Endlich waren Yorck und New York in einem Begründungszusammenhang vereint – und prompt gab es Streit in der taz-Korrekturabteilung, richtig doll, mit Türenknallen und so. Presseagenturen würden schreiben, es sei ein „Streit um den Bundeswehreinsatz“ gewesen, „für“ den das Papier „gesorgt“ habe. Es war aber doch nur ein Streit über den Bundeswehreinsatz, und einen Bedarf, damit versorgt zu werden, hatten wir wohl auch nicht gehabt. MATTHIAS FINK

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