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Welch ein Glück: Der Euro halbiert Bremens Schulden

■ Finanzsenator Perschau plant 2005 mit 490 Millionen Mark „Schröder-Papiergeld“ aus Berlin

Der Bremer Senat hat gestern zwei vom Finanzsenator vorgelegte dicke Bände „Finanzplan 2000 bis 2005“ zur Kenntnis genommen. Im Dezember soll der Doppelhaushalt 2002/2003 in der Bürgerschaft beraten werden, dazu muss die mittelfristige Finanzplanung fortgeschrieben werden. Spannend dabei ist das Jahr 2005 – der erste Etat nach dem Ende der Sanierungs-Hilfen.

Für dieses Jahr rechnet der Finanzsenator inzwischen nicht mehr mit einem „verfassungskonformen“ Haushalt, in dem die konsumtiven Ausgaben durch Steuer-Einnahmen und den Länderfinanzausgleich gedeckt werden. Obwohl bis dahin noch dras-tische Einsparungen geplant sind – die Bereiche Bildung und Soziales etwa sollen noch um mehr als zehn Prozent gekürzt werden – „fehlen“ unter dem Strich 490 Millionen Mark. Da der Senat schlecht einen verfassungswidrigen Etat als offizielle Planungsgrundlage verabschieden kann, sind nun „Einnahmen“ aus erwarteten „Kompensationszahlungen“ des Bundes eingeplant. Der Bund soll, so die Idee, nach dem Ende der Sanierungs-Hilfen weiter Jahr für Jahr Hunderte von Millionen zahlen, weil Bremen bei der Steuerreform mitgestimmt hat. Im Gegenzug sagte Bundeskanzler Schröder die Erstattung von Steuerausfällen zu. Dieses „Schröder-Papiergeld“ braucht Bremen dann aber jedes Jahr, denn das Defizit in der Planung von 2005 ist strukturell. Investitionen sollen dabei über zusätzliche Neuverschuldung finanziert werden. Ab 2005 würde Bremens Schuldenberg jährlich um circa eine Milliarde wachsen.

Tröstlich an dieser Prognose ist nur der Euro-Effekt: Die Schulden halbieren sich automatisch. Ob die vom Finanzsenator vorgelegten Zahlen in 2005 wirklich erreicht werden, ist eine ganz andere Frage. Schon bei Beginn des Sanierungszeitraums 1995 hatte es einen „Finanzplan“ gegeben, nach dem Bremens Finanzen in fünf Jahren saniert sein sollten. Die Wirklichkeit richtete sich aber nicht nach dem Plan und so musste Bremen beim Bund eine zweite Sanierungs-Periode beantragen. Wie sehr Plan und Wirklichkeit auch in dem zweiten Zeitraum auseinander klaffen, zeigt ein Blick auf die mittelfristige Planung aus dem Jahre 1998. Damals hatte der Finanzsenator für das Jahr 2001 einen Überschuss eingeplant: Von der Sanierungs-Zahlung in Höhe von 1,4 Milliarden Mark sollten immerhin 12,2 Millionen Mark für Schuldentilgung übrig bleiben. Tatsächlich rechnet Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) derzeit mit einer Neuverschuldung von über 600 Millionen Mark. Dabei hatte der Plan von 1998 für das Jahr 2001 „nur“ 448 Millionen Mark aus dem Länderfinanzausgleich unter den Einnahmen eingeplant. Derzeit rechnet der Finanzsenator mit 428 Millionen Euro, fast das Doppelte. Bremens Abhängigkeit von den anderen Ländern ist entgegen den Planungen von 1998 also deutlich stärker. K.W.

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