Der Rabattkönig wird Witzfigur

Nach Rücktrittsforderung der Opposition bekommt der sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf nun auch Gegenwind aus der eigenen Partei. Vorwurf der Mauschelei wegen Behördencenter kommt zum Skandal wegen Rabattkäufen bei Ikea hinzu

aus Dresden MICHAEL BARTSCH

„Wissen Sie, warum Kurt Biedenkopf noch nicht zurückgetreten ist? Weil seine Frau noch nicht alle Weihnachtseinkäufe erledigt hat!“ Dieser Witz aus sächsischen CDU-Kreisen spielt auf einen unüblichen 15-prozentigen Rabatt an, den Ingrid und Kurt Biedenkopf kürzlich im Möbelhaus Ikea erhandelten. Eine Woche lang lieferte die „Schnorrer-Affäre“ deutschlandweit Medienstoff. Nun trat der sächsische CDU-Ministerpräsident gestern tatsächlich noch nicht zurück. Die Opposition hatte diesen Rücktritt gefordert.

Das Eis, auf dem Biedenkopf seine rhetorischen Pirouetten dreht, ist inzwischen aber so dünn geworden, dass Rabatte des sächsischen Königspaares bei Ikea und Karstadt oder ein Pumpkauf von Honiggläsern im Wert von 26,50 Mark auf einer Höhe mit wirklich schwer wiegenden Amigo-Vorwürfen behandelt werden.

Hintergrund für die gestern im Landtag debattierten neuerlichen Rücktrittsforderungen von SPD und PDS sind belastende Materialien im so genannten Paunsdorf-Untersuchungsausschuss. Der befasst sich mit der möglichen Einflussnahme des Ministerpräsidenten auf die Konditionen bei der Anmietung eines Behördencenters in Leipzig-Paunsdorf. Der Gebäudekomplex war 1994 von Biedenkopfs langjährigem Duzfreund Heinz Barth errichtet worden. Zuvor hatte der Kölner Bauunternehmer sich einer vollständigen Auslastung der Räume versichert.

Jüngst bekannt gewordene Schreiben Barths an Biedenkopf belegen, dass Biedenkopf dessen Wünsche nahezu unverändert an das zuständige Finanzministerium weiterreichte. In der Folge wurden über den ursprünglichen Bedarf hinaus mehrere staatliche Behörden zum Umzug in das Center veranlasst. Die zumindest aus heutiger Sicht ungünstigen und auf 25 Jahre festgeschriebenen Pauschalmieten von 23,57 Mark je Quadratmeter hatte bereits der sächsische Rechnungshof gerügt.

Ermittlungen einer Leipziger Staatsanwältin waren auf Weisung des bereits mehrfach in den Verdacht allzu großer Regierungsnähe geratenen Generalstaatsanwalts Jörg Schwalm eingestellt worden. Biedenkopf sprach gestern lediglich von bereits vorliegenden „Informationen“, die er zusammengefasst und weitergereicht habe. Der eigentliche Skandal sei, dass die Opposition das Engagement von Investoren in der Aufbauphase des Landes verunglimpfe. „Die Opposition gefährdet das Land!“

Der Beifall auf den Unionsbänken war nach Biedenkopfs Auftritt jedoch nicht ungeteilt. Zuvor hatte sich der Regierungschef in seiner Fraktion für die Peinlichkeiten der Rabattaffäre entschuldigt. Vier CDU-Abgeordnete forderten inzwischen offen einen vorzeitigen Rücktritt, darunter Exjustizminister Steffen Heitmann und Rechtsaußen Volker Schimpff. Biedenkopf selbst beharrte darauf, den Zeitpunkt selbst zu bestimmen.