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Spiegel sind Lügner

■ Der Teufel, der ist irgendwo da draußen: Dekorativ-subtile Weihnachtsausstellung im Altonaer Museum Von Petra Schellen

Sie wirkt nur auf den ersten Blick kindisch: die Ausstellung Wo man vom Teufel spricht im Alto-naer Museum, die harmlos rotgrundig und mit Kasperle-Puppen daherkommt, subtil aber viel mehr transportiert. Sicher, revolutionäre Forschungsergebnisse in puncto Teufelsexistenz sind von der Schau, konzipiert von Torkild Hinrichsen, nicht zu erwarten, aber das hat auch niemand behauptet. Eine Kulturgeschichte des Teufels – so der Untertitel – will der Kurator, als Gegenpol zur vorjährigen Engel-Schau, schließlich bieten. Und dabei en passant verdeckte Düsterfacetten im Besucher ansprechen, ihm aber immer die Flucht in mythische oder historische Vergangenheit lassen.

Außerdem geht es ja auch frohgemut los in der Schau, die man durch riesige, als Labyrinth gestaltete Hirnwindungen erreicht; ist schließlich alles eine Frage der Perspektive: Kasper (man erinnert sich: „der Gute“) und Teufel sitzen riesigfigurig da; Sieger ist keiner, und jeder hat den Gegenspieler als piepsiges Püppchen auf der Hand.

Von der „Todsünde Eitelkeit“ ist ein paar Schritt weiter die Rede, wo einem große Spiegel, wand- und bodenseitig angebracht, entgegenblinken. Narzißmus in Reinformat kann da zelebrieren, wer mag – und bei allem immer noch vorgeben, er hätte ja nur auf die Exponate geschaut und sei ganz überrascht, den einen oder anderen Schminkfleck auf dem eigenen Antlitz gefunden zu haben. Und zur Beruhigung gibt's ein rokokones Herrscherinnenbildnis – ist also zum Glück alles lange her mit der Eitelkeit und allenfalls noch his-torisch interessant.

Denn was ist letztlich der Teufel als das Bild, das man sich von jenen Eigenschaften macht, die man in sich weiß und die man durch Projektion loszuwerden trachtet? Und was ist „Teufelswerk“ anderes als ein Krückstock-Begriff für das Unverstandene, das man zumindest durch verbale Formgebung in den Griff bekommen möchte? „Bilder des Teufels“ folgen, genauer: das Grauen eines gemalten dämmrigen romantischen Waldstücks, zur Paranoiabildung bestens geeignet. Vielleicht hätte man hier etwas dimmen sollen, um authentische Grusel-Effekte zu erzeugen. Und auch des „Teufels Küche“, wo allerlei Satansköpfe aus Vitrinen grinsen, hilft dem Wunsch nach dem Kick nicht so recht auf. Auch dem Wunsch nach fundiert tiefer Erklärung nicht, findet sich doch bloß ein magerer Kommentar, der auf das Sprichwort von des „Teufels Küche“ verweist. Anschaulich darstellbar ist sie allerdings, die Teufelsküche, und das hat vermutlich auch die Ausstellungsmacher bewogen, die illustrierte Episode einzufügen.

Pittoresk sitzen und stehen auch Schneider und Schmied in ihrer Nische, beide im Volksmund dem Teufel verbunden: der Schmied auf Grund seiner Nähe zu Ruß und Feuer, der Schneider wegen der „Hölle“, dem Stoffrest-Sammelloch in seinem Tisch.

Teufelstiere – ausgestopfter Luchs, Schlange, Löwe, Drache und der „Teufelsfisch“, den wohl niemand je sah, sind da noch zu besichtigen, Ausgeburten des wenig erklärten Aberglaubens – und selbstverständlich der Schornsteinfeger, als „Schwarzer Mann“ prädestiniert für diverse Teufels- und Sündenbock-Phantasien. Und wieder sind es Sprichworte, die die Rechtfertigung für solche Exponate liefern, deren lebensgroße Präsentation nicht so recht im Verhältnis steht zum mageren Spruch, auf dem sie beruhen. Andererseits – wer weiß schon, welche Kräuter nach dem Teufel benannt sind? Und wer erinnert sich, mit welchen Abwehr-Kräutlein man in vergangenen Ären dem Teufel wehren wollte? Aberglaube, vom dem heute angeblich nur noch sprachliche Spurenelemente zeugen, wird hier in Materie umgesetzt, wobei es weniger auf Authentizität der Kunstwerke als auf Originalität des Anschauungsmaterials ankommt.

Etwas verloren wirkt inmitten all des augenzwinkernden Tümelns allerdings das Kapitel „Kranksein als Behexung“, das mit eisernen Hals- und Fußringen sowie einem Kommentar zur Hexenverfolgung aufwartet. Dem Tonfall der Restausstellung diametral entgegengesetzt sind Exponate und Thema dieser Nische, die Gefahr läuft, unterzugehen zwischen all der Federleichtigkeit. Für derlei hätte man sich einen würdigeren Rahmen vorstellen können.

Eine eher theatrale Würde umgibt des „Teufels Thron“ im letzten Raum, mit wilder Grimasse und purpurnem Gewand ausgestattet und auf ein Gemälde einer bäuerlichen Beileids-Szene blickend. „Der Kampf um die Seelen“ ist der letzte Abschnitt folgerichtig überschrieben, an die ars moriendi, jenes mittelalterliche Moralregelbüchlein erinnernd, das dem Sterbenden über die entscheidenden Sekunden hinweghelfen sollte. Spät. Trotzdem – einen ängstlichen Versuch ist es wert, und vielleicht kann der Sterbende, flugs bereuend, doch noch ein paar Punkte machen...

Altonaer Museum, bis 6. Januar. Geöffnet Di-So 10-18 Uhr. Informatives, reich illustriertes Begleitbuch; 84 S., 19,80 Mark.

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