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Royalistenfernsehen

Edward ist nur im Nebenjob Prinz und ansonsten erfolgloser TV-Produzent. Jetzt will er auch noch die Affäre von Bruder Charles mit Camilla verfilmen

aus Dublin RALF SOTSCHECK

Bei der britischen Königsfamilie gibt es endlich einmal wieder Krach: Prinz Charles und Prinz Edward sprechen nicht mehr miteinander, seit der jüngere Bruder plant, die Affäre des Thronfolgers mit Camilla Parker-Bowles fürs Fernsehen zu verfilmen. Und dann auch noch für das amerikanische. Darüber hinaus hat er verlangt, dass Charles bei dem Projekt kooperiert. Charles war über das Ansinnen nicht amüsiert.

Edward hatte vor acht Jahren seine TV-Produktionsfirma Ardent gegründet, weil er von seiner Mutter, der Königin, etwas knapp gehalten wird. Seitdem hat das Unternehmen jedoch zwei Millionen Pfund Verlust gemacht, und so kam der Auftrag für eine 13-teilige Fernsehserie über die Windsors gerade recht. Doch das US-Network, das eine Viertelmillion Pfund bezahlt, bestand darauf, dass auch das Verhältnis zwischen Charles, seiner verblichenen Gattin Diana und seiner Geliebten Camilla Parker-Bowles zur Sprache komme. Schließlich hatte Edward bei dem Sender geprahlt, er könne einzigartiges Material liefern.

Das hatte jedoch schon zu Beginn der Dreharbeiten für Aufregung gesorgt. Als William, der Sohn von Charles und Diana, voriges Jahr auf die Universität kam, standen die Kamerateams Schlange. Während alle anderen aber nach einem Tag das Drehverbot beachteten und abzogen, filmte Edward ungerührt weiter. Niemand könne ihm verbieten, Aufnahmen von seinem Neffen zu machen, argumentierte der böse Onkel. Charles war abermals nicht amüsiert.

Auch die Geschäfte von Edwards Frau Sophie Rhys-Jones stehen unter einem unglücklichen Stern. Seit ihrer Hochzeit heißen die beiden offiziell Graf und Gräfin von Wessex. Diesen Ort gibt es freilich nicht, die Grafschaft ist eine Erfindung des Schriftstellers Thomas Hardy. Der königliche Clan ist so weitverzweigt, dass man Orte erfinden muss, um Titel vergeben zu können. Frau Wessex ist Teilhaberin an einer Werbeagentur. Ausgerechnet dem Reporter eines Boulevardblatts, der sich als Scheich verkleidet hatte und mit einem lukrativen Auftrag winkte, schüttete Rhys-Jones ihr Herz aus.

Premierminister Tony Blair führe sich auf wie ein Präsident, seine Frau Cherie sei „schrecklich, schrecklich, schrecklich“, die Queen sei ein „altes Tantchen“, und wenn deren Mutter, die „alte Dame“, sterbe, heiraten Charles und Camilla, die „Lieblingskotzbrocken der Nation“. Und wieder war Charles nicht amüsiert. Er drängte darauf, dass das Ehepaar Wessex sich endlich wie würdige Mitglieder der königlichen Familie aufführe und dem Müßiggang hingebe.

Rhys-Jones willigte ein, zunächst nur noch drei Tage in der Woche zu arbeiten und in diesem Jahr ganz aus der Werbeagentur auszuscheiden, Edward will Ardent nach Abschluss der Fernsehserie angeblich abwickeln und sich wieder von seiner Mutter aushalten lassen.

Die feiert in diesem Jahr ihr 50-jähriges Thronjubiläum. Viel zu feiern hätte sie nicht, wenn es nach Roy Hattersley, früher stellvertretender Chef der Labour-Partei, ginge. „Die Vorstellung, dass Prinz Charles, Prinz William und ihre Nachfolger wegen ihrer Gene besonders für den Posten als Staatsoberhaupt geeignet seien, ist völlig lächerlich“, schrieb er. Hattersley tritt für eine Präsidentschaft nach deutschem Vorbild ein, weil der deutsche Präsident „praktisch unbekannt“ sei, keine fünf Schlösser benötige, sein unqualifizierter Sohn sich nicht in Architekturdebatten einmische und seine Mutter nicht aus unerklärlichen Gründen ein Objekt der nationalen Verehrung sei – ganz im Gegensatz zu Britannien.

Und über Edward und Sophie schrieb Hattersley: „In Anbetracht des Platzes, den unsere Zeitungen dem Grafen und der Gräfin Wessex widmen, zwei Personen ohne jegliche Bedeutung, müssen Ausländer uns für einen hinterwäldlerischen Themenpark halten.“ Wenigstens das dürfte Prinz Charles amüsiert haben.

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