piwik no script img

Dicke Luft und blaue Bohnen (2)

Ein Finanzweltkrimi à la Michael Ridpath, nur kürzer und noch viel, viel spannender

Was bisher geschah: Dieter, ein Global Player in der Krise. Soll er den Sirenengesängen der rassigen Charlotte erliegen oder seinen Bürokollegen Doktor Oetker mobben? Und was ist eigentlich mit Jochen, dem alten Kumpel aus Studikertagen?

„Bist du schon lange Spekulant?“, fragte Charlotte danach und bürstete sich mein getrocknetes Ejakulat aus den Haaren.

„Wie man’s nimmt“, sagte ich, denn ich hatte schon als Schüler mit Geld gedealt, aber das ging niemanden etwas an, also rollte ich mich auf die Seite, und als ich erwachte, war Charlotte fort. Sie hatte keinen näheren Verwandten, deswegen musste ich selbst sie am frühen Morgen in der Leichenhalle identifizieren.

„Ist sie das?“, fragte der Kommissar.

„Ja“, sagte ich und schluckte. „Das ist sie.“

Auf dem Nachhauseweg war Charlotte von einem gepanzerten Geldtransporter überrollt worden. „Das waren Profis“, sagte der Kommissar. „Sie wollten es wie einen Unfall aussehen lassen, aber sie haben den Fehler gemacht, dem Opfer vorher ins Haar zu ejakulieren.“

Es dauerte keine 24 Stunden, bis ich als Hauptverdächtiger hinter Schloss und Riegel saß. Das alles konnte nur Doktor Oetker ausgeheckt haben, der alte Schlawiner. Der hatte meinen Computer manipuliert und anschließend Charlotte von der Platte geputzt, weil er an meinen Kundenstamm ranwollte und an die westfälische Nominalbeteiligung.

„Herr Wachtmeister!“, rief ich durch die Gitterstäbe. „Sie machen einen großen Fehler! Ich bin unschuldig! Der wahre Täter ist ein Typ aus meiner Firma!“

Doch der Wachtmeister schenkte mir nur ein maliziöses Lächeln. Also gut, sagte ich mir, dann muss ich eben auf eigene Faust handeln. Ich brach aus dem Gefängnis aus, lieferte der Polizei eine atemberaubende Autoverfolgungsjagd, kletterte an der Investmentfirmenwand hoch und platzte mit ohrenbetäubendem Krach von außen durchs Fenster, als Doktor Oetker gerade alles klarmachen wollte mit meinem alten Freund Jochen, der die ganze Sache, wie ich jetzt erfuhr, überhaupt erst veranlasst hatte.

Durch die Tür kam der Kommissar rein und wollte mir bereits die Handschellen umlegen, als er Jochen durchs Telefon schluchzen hörte: „Es tut mir so Leid! Ich musste doch den Schuldenberg abtragen, den ich nach der Scheidung von meiner zweiten Frau angehäuft hatte! Verzeih mir, Dieter!“ Dann bellte ein Schuss. Jochen hatte sich selbst gerichtet. Mit einer 94er Parabellum, wie der Gerichtsmediziner später feststellte. Die Schädeldecke klebte in rund sechzehntausend Einzelteilen an der Fototapete, die einen Sonnenuntergang auf Texel zeigte. Jochen hatte ein Faible für die holländischen Nordseeinseln gehabt.

Auch Doktor Oetker hatte den Freitod gewählt und sich eine Überdosis Scharlachberg Meisterbrand injiziert. Das hatten sie nun alle von ihrem Geschwätz über Anleihen, Börsengänge und Notenbankzinsen. Ich kündigte, wanderte nach Kanada aus und schloss mich einer Quäkergemeinschaft an, die großen Wert darauf legte, die menschliche Sexualität zu unterdrücken, aber schon in Kürze war das Bettzeug über den ganzen Boden verstreut. GERHARD HENSCHEL

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen