: Die Absicht, eine Mauer zu bauen
■ Senat beschließt: Vollzugsanstalt Billwerder wird jetzt ein geschlossener Knast
Drumherum kommt eine hohe Mauer, und aus dem geplanten offenen Vollzug wird ein geschlossener Knast. Justizsenator Roger Kusch (CDU) machte gestern aus dem Konzept, in Billwerder ein modernes Gefängnis mit offenem Vollzug zu bauen, per Federstrich Makulatur. Nun sollen dort 574 geschlossene Haftplätze entstehen – von denen hat Hamburg aus Sicht des Rechtssenators nämlich viel zu wenig: „Im Zeichen der von uns angestrebten energischeren Kriminalitätsbekämpfung geht die Überbelegung der Gefängnisse in eine Richtung, die uns Sorgen bereitet.“
25 Millionen Euro zusätzlich kostet den Senat das Projekt Wegschließen – eine Summe, die man dadurch aufbringen will, indem man die Pläne, einen Männerknast in Hahnöfersand zu bauen, erst einmal zurückstellt. Dass künftig zahlreiche der bislang 700 Haftplätze im offenen Vollzug wegfallen, sieht Kusch als nicht so tragisch an: „Die Entwicklung im offenen Vollzug ist ohnehin rückläufig“, sagt er.
Billwerder war vom rot-grünen Senat als Ersatz für die Anstalt auf dem KZ-Gelände in Neuengamme geplant. Das Gefängnis, in dem derzeit noch Häftlinge im offenen Vollzug untergebracht sind, soll verlegt werden – das hat auch der Rechtssenat nach langem Zögern zugesichert. Doch wenn nun aus Billwerder ein geschlossener Knast wird, werden wohl auch zahlreiche Neuengammer Häftlinge, die mitumziehen, verschärfte Haftbedingungen erhalten: Billwerder ist „vorgesehen für Gefangene, die sich gegenwärtig im offenen Vollzug befinden, obgleich möglicherweise eine Unterbringung in geschlossenem Vollzug angemessener wäre“, führt Kusch aus.
Er könne sich in Billwerder „unterschiedlich hohe Sicherheitsstufen“ vorstellen, um zu gewährleis-ten, dass nach wie vor im Vollzug differenziert werde, sagt er weiterhin. In Hamburg sitzen derzeit 2900 Gefangene ein, der Anteil der offenen Plätze liegt bei 23 Prozent – nur in Berlin sei er höher, sagt Kusch und hält dies für ein Argument, die Zahl herunterzuschrauben: Das Vorbild ist wieder einmal Bayern: Dort wird der Anteil offener Vollzugshaftplätze nur auf 6,3 Prozent beziffert.
Kusch will die Umplanung dabei als „Sicherung der Zukunft“ verstanden wissen und nicht als Indiz, „dass die Zustände in Hamburg bisher unhaltbar waren“. Peter Ahrens
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen