pampuchs tagebuch: Die Geworfenheit der Hotline
Es ist ja nicht so, dass ich mich darum risse, andauernd über AOL zu maulen. Es gibt so viele schöne Themen in der Welt des Internets. Aber die Herrschaften scheinen es darauf anzulegen, regelmäßig in dieser Kolumne aufzutauchen, egal wie wüst sie dabei beschimpft werden. Als Teilhaber des weltgrößten Medienkonzerns weiß AOL eben, dass Medienpräsenz als solche wichtig ist, egal ob man dabei als Goodie oder Baddie auftaucht. Gut, sollen sie haben: AOL IST DAS ALLERLETZTE! Verglichen mit AOL ist MS-Dosen-Gates ein Wohltäter der Menschheit, und ich versteh gar nicht, warum der schwarze Block AOL noch nicht als Feindbild entdeckt hat. Die sind doch sonst so schnell bei der Hand.
Der Grund meines Wütens liegt diesmal in den Eingeweiden meines Kistchens, an denen sich AOL vorsätzlich, heimtückisch und aus niedrigsten Motiven zu schaffen gemacht hat. Ich weiß nicht, wann, ich weiß nicht, wie, ich weiß nur, dass seit ein paar Tagen, jedes Mal, wenn ich meinen Laptop anschalte, AOL – ohne dass ich irgendetwas anklicke – automatisch nicht nur geladen wird, sondern mich auch gleich initialisiert und kostenpflichtig ins Netz setzt. Wie gesagt: ohne dass ich etwas anklicke oder je irgendwelche Autostarts, automatischen Kurierdienste oder sonst was aktiviert hätte. Würde ich nie machen. Ich werde von AOL ins Netz gepeitscht, ob ich will oder nicht, selbst wenn ich nur offline einen unschuldigen Text schreiben will.
Ja, natürlich habe ich bei der AOL-Hotline angerufen und eine halbe Stunde lang für alte 24 Pfennig pro Minute Rat und Hilfe eingeklagt. Wir haben alles gecheckt, alle Häkchen getilgt, aber es hat nichts genützt!! Mit Hilfe des höchst kompetenten Redakteurs dieser Seite habe ich anderntags fernmündlich tief drinnen in irgendwelchen Registries, Hotkeys und Ähnlichem rumgewühlt, und wieder haben wir nichts gefunden, und wieder hat es nichts genützt.
Als letzten Riegel habe ich die Passwortabfrage wieder aktiviert. Doch nur unter Protest. In meiner Verzweiflung habe ich dann die Hotline ein zweites Mal angerufen. Man soll sich ja dem Grauen immer wieder stellen. Der zweite Hotliner erklärte, auch er habe das Problem mal gehabt, ein halbes Jahr lang, das Einzige, was helfe sei, AOL komplett zu deinstallieren und dann wieder neu zu installieren. Irgendwelche „Ini-Dateien“ würden da bei Windows verrückt spielen, vielleicht gebe es auch eine „defekte AOL-Komponente“. Er selbst habe mit einigen Kollegen nächtelang zusammengesessen, aber sie könnten es sich nicht erklären. Geschweige denn mir.
Na prima. Ich glaube dem Techniker sogar. Aber ist es nicht merkwürdig, dass AOL an solchen Defekten prima verdient? Bis die paar Millionen AOL-User ihre automatisch geöffnete Leitung wieder abgeschaltet haben, klingelt es hübsch in der Kasse. Könnte es vielleicht sein, dass ein paar Etagen höher ein paar andere Techniker auch nächtelang zusammengesessen haben, um diese lukrative AOL-Komponente so effektiv defekt zu gestalten? Und dann dummerweise vergessen haben, das den Hotlinern zu sagen, die nun den Kunden für 12–15 Cent pro Minute erklären müssen, dass wir letztlich alle in einem Boot sitzen? Geworfen in ein Leben, das bestimmt wird von einem gütigen Provider dort droben, der weiß, was er will. Für uns und von uns. Die Ratschlüsse von AOL sind unergründlich. THOMAS PAMPUCH
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