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■ Einbürgerung gibt's in Bremen nicht ermäßigt – oder wenn, weiß es niemand

Wer Sozialhilfe kriegt, kommt in Bremen billiger ins Schwimmbad, für Kinder von SozialhilfeempfängerInnen gelten auch ermäßigte Kita-Beiträge. Und Arbeitslose bekommen beim Arbeitsamt sogar zwei Eintrittskarten fürs Theater ganz umsonst. Solche allgemein üblichen Zugeständnisse an finanziell Benachteiligte dürfen angehende deutsche StaatsbürgerInnen im Bremer Innenressort allerdings nicht erwarten. Das macht die Antwort deutlich, die der Bremer Senat den Grünen jetzt auf eine kleine Anfrage zur „Gebührenfestsetzung bei Einbürgerung“ gibt.

Klipp und klar heißt es da: „Zum Sozialhilfebezug müssen weitere besondere Umstände des Einzelfalles hinzukommen“ – sonst sei die Ermäßigung ausgeschlossen. Allenfalls Ratenzahlung sei bei der Einbürgerung denkbar. BeobachterInnen bestätigen, dass diese in Bremen einfach zu haben sei – im Gegensatz zur Ermäßigung.

255 Euro kostet die Einbürgerung derzeit. Wem das zu viel ist, der kann zwar einen Antrag auf Ermäßigung stellen. Doch dann tritt eine schwer nachvollziehbare „Ausführungsbestimmung“ in Kraft. Danach sollen „die Umstände des Einzelfalls“ gewürdigt werden. Dafür sei neben der wirtschaftlichen Situation auch zu prüfen, „ob die antragstellende Person ihre Mitwirkungspflichten erfüllt und dadurch dazu beigetragen hat, den Verwaltungsaufwand niedrig zu halten.“ Doch wie oft diese Wischiwaschi-Regelung zur Ermäßigung oder gar zur Gebührenbefreiung angewendet wurde, weiß in Bremen niemand. Das wurde statistisch einfach nicht erfasst.

Noch weniger dürfte also auch bekannt sein, wie oft überhaupt schon die Hälfte der Einbürgerungsgebühr als Widerspruchsgebühr erhoben wurde – von denjenigen, die gegen eine abgelehnte Ermäßigung Widerspruch eingelegt haben, wie jüngst ein ehemaliger iranischer Staatsbürger. Er soll nun für den negativen Bescheid rund 128 Euro zahlen. Die Einbürgerungsgebühr kommt für den anerkannten Flüchtling noch obendrauf, obwohl der Mann nicht mehr Geld als ein Sozialhilfeempfänger hat (die taz berichtete).

Und damit scheint der Mann – gemessen an der bisherigen Praxis – sogar noch gut weggekommen zu sein. Denn: „Im Regelfall werden je nach Verwalt-ungsaufwand für einen Widerspruchsbescheid 50 bis 75 Prozent der Gebühr erhoben, die für die Vornahme der angefochtenen Amtshandlung vorgesehen ist.“ Dabei ginge es laut Gebührenverordnung deutlich billiger – nämlich mit dem Mindestbetrag von 25 Euro, wie im noch selben Schreiben gleich mit zu lesen ist.

Bremen scheint sich für all das nicht verantwortlich zu fühlen: Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass Arbeitslose- oder SozialhilfebezieherInnen ermäßigte Gebühren zahlen, hätte er eine extra Regelung für diese Personengruppe treffen müssen, so die Antwort des Senats. Den gebürtigen Iraner, der den deutschen Pass mittlerweile hat, ficht sie nicht mehr an. Er will vor dem Bremer Verwaltungsgericht gegen die abgelehnte Gebührenermäßigung klagen. Damit könnte er zum Präzedenzfall werden.

Eva Rhode

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