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Klare Worte an Chinas Genossen

In seiner Eröffnungsrede vor dem Volkskongress kritisiert Chinas Regierungschef Zhu Rongji massiv die Bürokratie

PEKING taz ■ Chinas Regierungschef Zhu Rongji nahm kein Blatt vor den Mund: In seiner Rede vor den Abgeordneten des Nationalen Volkskongresses (NVK) verurteilte er gestern Korruption, Verschwendungssucht und Verantwortungslosigkeit in der chinesischen Bürokratie und forderte die Beamten auf, „an die Basis zu gehen“ und sich „ein Bild von der Wirklichkeit“ zu machen. „Schlechter Arbeitsstil“ müsse korrigiert werden, verlangte er und nannte dabei unter anderem „falsche statistische Angaben“, „das Beschwindeln der Vorgesetzten“ und „den Missbrauch von Arbeitskräften und Geldern“.

In seinem 90-minütigen Bericht zum Auftakt des Kongresses, der bis zum 15. März dauert, hob Zhu zugleich die „dringend zu lösenden Probleme“ Chinas hervor. Dazu zählte er die sinkenden Einkommen der Bauern in vielen Regionen des Landes, die wachsende Arbeitslosigkeit, vielerorts nicht ausgezahlte Löhne und Renten ebenso wie Unfähigkeit oder Unwillen vieler Behörden, ihren „Lokalprotektionismus“ aufzugeben. Gleichzeitig kündigte der 73-Jährige an, die Wirtschaft weiter zu öffnen und die inländische Nachfrage durch massive Investitionen anzukurbeln. Das Bruttoinlandsprodukt Chinas habe 2001 9593,3 Milliarden Yuan (1343,6 Mrd. Euro) und damit ein Wachstum von 7,3 Prozent erreicht, sagte Zhu.

Von einer politischen Lockerung war in Zhus Report keine Rede: Um die „Staatssicherheit und die Erhaltung der gesellschaftlichen Stabilität“ zu gewährleisten, werde die Regierung auch künftig energisch gegen „terroristische, religiös-radikale und nationalistisch-separatistische Kräfte“ vorgehen, warnte Zhu und nannte „die Falungong-Sekte und andere ketzerische Organisationen“.

Mit einer ungewöhnlich milden Formulierung sprach Zhu die heikle Beziehung zu Taiwan an, dessen Unabhängigkeitsbestrebungen er mit Sorge beobachte: Anders als vor wenigen Jahren drohte die Regierung nicht mit Gewalt. Allerdings bestand Zhu darauf, dass die Taiwaner vor Gesprächen das „Ein-China-Prinzip“ anerkennen müssten. Bedrohlich wirkt jedoch der Plan, Chinas Armee mit mehr Geld zu versorgen. Das Militärbudget soll um über 17 Prozent erhöht werden. JUTTA LIETSCH

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