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Schreiber-Urteil weltweit erwartet

amnesty international und die USA unterstützen den Waffenhändler vorm kanadischen Supreme Court: Er sei willkürlich verhaftet worden. Zu klären sei die grundsätzliche Frage, wie eine Privatperson einen Staat verklagen kann

Schreiber: „Dass sich ai und die USA eingeschaltet haben, hat wenig mit mir zu tun.“

TORONTO/AUGSBURG taz ■ In Augsburg wird in Kürze der so genannte Schreiber-Prozess vor der 10. Strafkammer des Landgerichts zu Ende gehen, ohne dass der Namensgeber des Verfahrens dort ausgesagt hätte. Der Rüstungslobbyist Karlheinz Schreiber konzentriert sich vielmehr in Kanada auf seine Schadensersatzklage gegen die Bundesrepublik und die kanadische Regierung.

Hintergrund dafür ist seine von Deutschland veranlasste vorübergehende Verhaftung am 31. August 1999. Schreiber hält diese Festnahme für rechtswidrig, weil Kanada bei Steuerdelikten nicht ausliefern dürfe. Jetzt haben sich sowohl die Vereinigten Staaten von Amerika als auch die kanadische Sektion von Amnesty International (ai) der Klage Schreibers angeschlossen. Die Entscheidung von ai-Kanada und den USA hat auch den bayerischen Geschäftsmann Schreiber überrascht. Zur taz sagte er: „Da meine Festnahme nicht gedeckt war durch die Auslieferungsverträge zwischen Deutschland und Kanada, habe ich die Bundesregierung verklagt“. Er begrüße es, dass sich wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles jetzt auch die USA und Amnesty seiner Klage vor dem Supreme Court in Ottawa anschließen.

ai argumentiert, willkürliche Verhaftungen seien ein Verstoß gegen die Menschenrechte. Nach internationalem Recht bestehe in einem solchen Fall ein Anspruch auf Entschädigung. Bei der deutschen Sektion von ai war bis zum Wochenende von dem kanadischen Klagebeitreten nichts bekannt. Schreiber will von Deutschland und Kanada jeweils eine Million kanadische Dollar.

Der kanadische Gerichtshof hat ai und den USA eingeräumt, bei der Verhandlung am 16. April jeweils einen 20- beziehungsweise 15-seitigen Schriftsatz einzureichen sowie eine fünfzehnminütige Erläuterung dazu vorzutragen. Die weit über Schreibers Fall hinaus reichende Kernfrage ist die, ob eine Privatperson einen Staat verklagen kann, wenn ihr durch diesen Unrecht widerfahren ist oder nicht. Und es geht darum, ob sich Amtsträger eines Staates mit dem Hinweis auf staatliche Immunität aus der Verantwortung ziehen können.

Laut Schreiber hätte diese Frage durchaus auch für das Den Haager Tribunal erhebliche Bedeutung. Der Expräsident Jugoslawiens Slobodan Milošević beispielsweise könnte sich nicht länger darauf hinausreden, dass er als Staatspräsident keine Gräueltaten begangen hat, wenn eine höchstrichterliche Entscheidung vorliege, dass auch Amtsträger und Staaten zur Verantwortung gezogen werden können. Ob der kanadische Supreme Court letztlich die Klage des Privatmannes Schreiber gegen die Bundesrepublik Deutschland und gegen Kanada zulassen wird, das wird bei Rechtsexperten weltweit mit großem Interesse verfolgt.

Dass also nicht er, sondern die grundsätzliche Bedeutung des Falles, Amnesty International und die USA zum Handeln veranlasst haben, das sieht auch der sonst so von sich überzeugte Rüstungslobbyist ganz klar. „Es hätte ja sein können, dass ein anderer Fall anhängig gewesen wäre, vor mir, mit der gleichen Frage. Dann hätten ai und die USA sich ja genauso eingeschaltet. Das hat weniger mit meinem persönlichen Verfahren zu tun.“ Gleichwohl freut sich der Kaufmann aus Bayern über die neue Entwicklung, die ihn wieder einmal ins Blicklicht der Öffentlichkeit, und zwar nicht nur in Deutschland, rückt.

KLAUS WITTMANN

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