Kommentar: Vor dem Eisregen
■ Warum die Generaldebatte im Rathaus zur allgemeinen Momentaufnahme geriet
Irgendwie hatten alle ein biss-chen Recht, und das machte die Angelegenheit kaum spannender. Die erste Generaldebatte in der neuen Bürgerschaft geriet, gut sechs Monate nach dem Regierungswechsel, zwangsläufig zur bloßen Momentaufnahme.
Die kürzlich noch regierende Neu-Opposition aus SPD und GAL kritisierte zu Recht, dass der von Schwarz-Schill vorgelegte Haushalt 2002 ein Etat der harten Hände und der sozialen Kälte sei. Und die neuen Regenten konnten mit dem Einwand kontern, sie hätten aus den vorliegenden Planungen von Rot-Grün aus Zeitgründen doch nur ein paar wenige Euros von links nach rechts verschoben. Tatsächlich sind es noch nicht einmal ein Prozent des Gesamtvolumens, aber schon das reicht aus für einen gesellschaftlichen Scherbenhaufen bislang nicht gekannten Ausmaßes.
Denn das sei erst der Anfang, auch wenn dieser schon für viele das Ende bringt. Gerade diese Aussage, von Bürgermeister Ole von Beust höchstselbst getätigt, weist auf die wirkliche Problematik hin: Das knallharte Sparen mit letalen Risiken und Nebenwirkungen, so drohte von Beust, beginne erst im nächsten Jahr. Und kein Zweifel, er und sein Senat meinen es ernst.
Doch wo will Schwarz-Schill noch kürzen? Wohl nicht bei den Themen, die der Rechtssenat als Symbole seines Politkwechsel versteht: Innere Sicherheit und Repression zuvörderst, garniert mit etwas Ein-Bildung und der rückhaltlosen Fortsetzung sozialdemokratischer Standortpolitik unter dem Logo von Feuer und Flamme.
Nein, es wird der soziale Frieden sein, der in dieser Stadt im nächsten Jar vollständig weggespart werden wird. Die jetzigen Liquidationen sind nur das Vorgeplänkel für den Eisregen, der über Hamburg zu kommen droht. Sven-Michael Veit.
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