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Frauenrat zieht haarsträubende Bilanz

Nach 50 Jahren endlich Gleichberechtigung – in Berichten zu Politikerfrisuren. Härteste Kritik an Frauen oft von Frauen

BERLIN taz ■ Auf Fotos fällt vor allem ihr komischer schwarzer Hut auf. Ruth Woodsmall, Leiterin der Frauenabteilung des US High Commissioner for Germany nach 1945 und als solche zuständig für die Demokratisierung und Enthitlerisierung der deutschen Frauen, gab den eigentlichen Anstoß zur Gründung des Deutschen Frauenrates. Die erste Nummer seines Zentralorganes, Informationen für die Frau, erschien im April 1952 – Anlass also, am Freitag in der Berliner Friedrich-Ebert-Stiftung das 50-jährige Jubiläum der Dachorganisation von mittlerweile 57 Frauenorganisationen mit 11 Millionen Mitgliedern zu feiern.

Alte Hüte und neue Frisuren waren das heimliche Hauptthema der Konferenz mit dem Titel „Schema F – Geschlechterdemokratie in der Mediengesellschaft“. F wie Frau – damit wurde eine Berichterstattung aufs Korn genommen, die sich über „die Frisur der Angela M.“ mehr erregt als über deren Politik.

Doch dann bekamen die Festgäste Erfreuliches zu hören: „Im Bereich der Frisuren scheint langsam Gleichberechtigung einzuziehen.“ Mit dieser Feststellung erntete taz-Autorin Bettina Gaus heitere Zustimmung. „Komisch“ sei es, dass ausgerechnet der „Medienkanzler“ nicht erkenne, wie sehr er sich der Lächerlichkeit preisgebe, wenn er Behauptungen über von ihm benutzte Haarfärbemittel gerichtlich verbieten wolle. Offenbar fürchte Schröder um seine Glaubwürdigkeit, frei nach dem Motto: „Wer Haare tönt, frisiert auch Statistiken.“

In ihrem Festvortrag schlug Gaus einen mächtigen Bogen: Dass die politische Symbolik immer mehr zunehme, sei auch den fehlenden echten Kontroversen in Politik und Medien geschuldet. Seit dem Ende des Kalten Krieges heiße das neue Zauberwort Konsens, und das erkläre auch „die drangvolle Enge in der neuen Mitte“.

An einer ganz anderen Front kämpfte Viola Roggenkamp, zweite Festrednerin und ebenfalls taz-Autorin: gegen die Abwertung von Frauen durch Frauen. Tatsächlich stammt ja keineswegs alles Mäkeln über Merkels Moden aus der Feder von Männern. „Warum funktioniert diese Entwertung?“, fragte Roggenkamp und gab eine psychoanalytische Antwort: „Der Schmerz um den Verlust der Mutter tobt im Unbewussten vieler Frauenbeziehungen. Die Tochter darf die Mutter, das Weibliche, ihr Eigenes nicht begehren.“

Bewerten Journalistinnen also Politikerinnen sogar strenger als Politiker? „Ja“, meinte CDU-Frau Christa Thoben in der Podiumsrunde unter dem Titel „Die Frisur der Angela M.“, „ja“, bekannte Rundfunkmoderatorin Carla Kniestedt, „ja“, bestätigte auch Monitor-Leiterin Sonia Mikich, denn sie habe „höhere Ansprüche“ an Frauen.

Tissy Bruns, Welt-Korrespondentin und erste weibliche Leiterin in der Geschichte der Bundespressekonferenz, fand das jedoch nicht verwerflich, sondern ganz natürlich: „Männliche Journalisten identifizieren sich mit männlichen Politikern, weibliche mit weiblichen.“

Dass Angela Merkel nicht Kanzlerkandidatin wurde, falle allerdings eher in die Mitverantwortung der „80 Prozent Männer in deutschen Redaktionen“, stellte Bruns fest. Aber 51 Prozent weibliche Wähler „werden vielleicht dafür sorgen, dass Stoiber an seiner Frisur scheitert“.

Werden Politikerinnen also von Journalisten und Journalistinnen gemeinsam haarsträubend behandelt? Die grüne Parteichefin Claudia Roth beklagte sich, sie werde als „Heulsuse“ dargestellt, als „Betroffenheitstante“, als „saure Gurke“, der Wiglaf Droste neulich in der taz nicht mal mehr ein „Menopausenbrot“ gönnen würde.

Ignorieren, nicht drüber diskutieren, lautete hier der weise Ratschlag von Tissy Bruns. Das Leben im öffentlichen Raum bringe viele Verletzungen ein, aber immerhin sei es ein von den Betreffenden frei gewähltes. Frauen müssten auch „einstecken“ können. Es gäbe viele Texte über Männer, die mit „demselben Verletzungsgrad“ geschrieben seien.

Das empfand wohl auch unser Kanzler mit den schönen schwarzen Naturhaaren so.

UTE SCHEUB

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