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Once Upon a Time in the East

■ Ohne Pathos inszeniert: Die fünfte Jahreszeit von Rafi Pitts im Elbe-Kino

Drei Warzennasen verfolgen ein erbarmungsloses Duell im Staub des Dorfplatzes, ihre Kopfbedeckungen sind tief in die Stirn gezogenen und dreckiges Grinsen ziert die schlecht rasierten Wangen. Es gilt einem knüppelharten Wagenrennen zwischen 8 PS starken Vehikeln, dessen Verlauf nicht nur zwei Helden, sondern zwei komplette Volksstämme aus den Kurven tragen wird.

Am einen Lenker sitzt eine entschlossene Jungfrau, am anderen ein hübscher Bengel. Beide können zusammen nicht kommen, weil ihre Clans in einer Generationen übergreifenden Vendetta verfeindet sind. Wobei der Grundsatz, hier sei bloß Gleiches mit Gleichem zu vergelten, schon lange zugunsten eines Humoristisch-Unabsehbaren auf der Strecke geblieben ist.

Die fünfte Jahreszeit – eine wilde Collage aus Spaghettiwestern, Ben Hur, Romeo, Julia und dem Krieg der Knöpfe – ist nicht inszeniert innerhalb einer weiteren Warteschleife postmodernen Plagiierens, sondern in einem abgelegenen iranischen Bergdorf. Von dort sind bisher vor allem hintersinnige Parabeln und mehr oder weniger politische Kindergeschichten in hiesige Kinos gekommen und haben unser Bild des iranischen Filmschaffens geprägt. Rafi Pitts, Regisseur von Die fünfte Jahreszeit, hält die bedeutsame Tiefe seines Films dagegen eher flach. Einen ungewohnten Akzent setzt vor allem die Wahl der Hauptfigur: Es ist eine Frau, um die sich die Handlung zentriert.

Mehrbanou Jamalvandi hat der Ehe mit Karamat Kamalvandi zugestimmt, auf Drängen ihres Onkels. Der Clan Jamalvandi und der Clan Kamalvandi sind im Krieg, solange die Oral History des Dorfes zurückreicht. Warum eigentlich, weiß heute niemand mehr. Die Hochzeit soll endlich Frieden stiften. Während der Zeremonie hat der Bräutigam plötzlich keine Lust mehr, was der Braut nur recht ist. Der Onkel stirbt am Ärger, und der Zank beginnt von neuem.

Ausgetragen wird er mittels zweier klappriger Kleinbusse, die die Beinahe-Eheleute pachten, um sich gegenseitig das einträgliche Fahrunternehmen zur Stadt wegzuschnappen. Die Mechanismen einer ungezügelten Neandertaler-Ökonomie ergreifen die Handlung, kein Wohlstand bleibt zurück, nur Schrott, der gründlich die offensichtlichste Möglichkeit blockiert: Am Ende des Films nämlich wissen Mehrbanou Jamalvandi und Karamat Kamalvandi insgeheim, was das Publikum von Anfang an ahnt – die beiden mögen sich gerne.

Der versöhnliche Ausgang ist so offen und so spärlich pathetisch inszeniert wie der übrige Film. Wohl bedient er zwischenzeitlich einige folk-loristische Erwartungen durch sehnsüchtig photographierte Totalen sattgelber Bergkuppen, aber schon im nächsten Moment knattert einer der Klapperbusse in den Bildrand. Gelegentliche Metaphern von Ackerschollen, die da – ach! – so brach liegen, obwohl der Schoß der Erde doch – ach! – so fruchtbar, sind schon wieder lustig plakativ. Und staubtrocken liefert der Film schließlich doch noch einen Kommentar zum Zustand der offiziellen Politik : Über dem Bürgermeisterbüro, gleichzeitig Dorfkneipe, zieren poppige Lichterketten die Aufschrift „Erst mal Ruhe bewahren – und Tee trinken“.

Urs Richter

Di + Mi, 18 Uhr, Elbe

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