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„Aids verschlimmert die Krise“

UN-Mitarbeiter Ross Mountain über die Mechanismen von Hunger und Spendenfreude

taz: Im südlichen Afrika sollen bis zu 13 Millionen Menschen vom Hungertod bedroht sein. Wie gehen die Hilfswerke damit um, dass in manchen betroffenen Ländern wie Simbabwe die Politik mitverantwortlich ist?

Ross Mountain: Wir können die Leute nicht sterben lassen. Simbabwe war einst die Kornkammer Afrikas. Dieses Jahr ist die Getreideernte um 57 Prozent gesunken gegenüber der schon schlechten Ernte von letztem Jahr. Die Regierung hat kein Geld und ist handlungsunfähig, dazu kam die Dürre. Wir müssen uns also mit der Qualität des Regierungshandelns, mit Handelspolitik und mit der Frage von strategischen Lebensmittelreserven befassen.

Wie können Hilfswerke Druck auf Regierungen ausüben?

Als UN-Organisation können wir nicht viel Druck ausüben. Was geht, ist Dialog und moralischer Druck.

Wie gehen Sie mit Korruption um wie in Malawi, wo die Regierung ihre Lebensmittelreserven zwecks Spekulation verkaufte?

Das betrifft uns nicht. Wir benutzen nicht die Regierungsstrukturen. Wir verteilen Lebensmittel über unabhängige Organiastionen.

Die Geberländer haben auf die Krise im südlichen Afrika sehr zögerlich reagiert, weil sie kein Geld in Ländern ausgeben wollen, wo die Regierung unverantwortlich handelt. Wie werden Sie sie jetzt überreden, doch Geld zu geben?

Auf der jetzt beendeten Koordinationskonferenz in Johannesburg haben Geber, Regierungsvertreter und Hilfswerke sich geeinigt, besser zusammenzuarbeiten, Informationen auszutauschen und Geld für die Ernährung von Bedüftigen auszugeben, aber nicht die Regierungen der Empfängerländer zu unterstützen. Die Regierungen der Geberländer benutzen Spendenmüdigkeit als Ausrede. Aber sie geben mehr für Subventionen in der EU aus als für Hilfe in Krisensituationen.

Was muss sich in den betroffenen Ländern ändern?

Langfristige Pläne für Ernährungssicherheit sind nötig, auch Investitionen in Bildung und landwirtschaftliche Entwicklung. Wir wollen die Leute aus dem Zustand des Gefüttert-werden-Müssens herausholen, Wir verschenken nicht einfach Essen. Wir ermutigen die Leute, selbst Nahrung anzubauen. Wir wollen kein Abhängigkeitssyndrom.

Die letzte Hungersnot in dieser Region liegt zehn Jahre zurück. Was hat sich geändert?

HIV/Aids verschlimmern diesmal die Krise. In Sambia betrug damals die Lebenserwartung 52 Jahre, heute sind es 30. Eine riesige Verschlechterung. Und vor zehn Jahren gab es nicht dieses Ausmaß an Missmanagement. Die Regierungen hatten mehr Geld und waren weniger korrupt. Die Armut war auch geringer. Die Leute konnten Nahrung kaufen.

In Äthiopien vor 20 Jahren kamen die Hilfsappelle zu spät. Dann gab es eine gigantische Hilfsaktion, und die Äthiopier verließen ihre Felder, um Lebensmittelspenden zu bekommen. Haben Sie aus diesen Fehlern gelernt?

Damals war es der UNO gar nicht erlaubt, aus eigener Initiative Nothilfe zu starten. Wir mussten warten, bis die Regierung den Notstand erklärt. Aber seit einem Beschluss der UN-Vollversammlung 1991 müssen wir das nicht mehr. Also können wir heute rechtzeitig handeln. Manchmal ist es sehr schwer, Frühwarnsysteme einzurichten und die Daten zu sammeln. Wir müssen Regierungen und Geber davon überzeugen, dass es eine Krise gibt, aber wenn wir das zu früh machen, kriegen wir gar nichts. Wenn man Hungerbäuche im Fernsehen zeigt, wie damals in Äthiopien – dann kriegt man was. Aber so weit sind wir jetzt noch nicht. INTERVIEW: MARTINA SCHWIKOWSKI

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