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Neue Drifter

Herzensangelegenheiten bereiten Schmerzen: Die texanische Indieband American Analog Set spielt im Bastard

Schlichtheit, wem Schlichtheit gut ansteht. Warum sich groß den Kopf zerbrechen oder über die Maßen sophisticated tun, dürften sich die Musiker der texanischen Indieband American Analog Set gefragt haben, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel sowieso bescheiden sind? Wenn auch zwei handelsübliche schwarze Kabel vor einem weißen Hintergrund alles sagen können zur eigenen Musik und deren Sendung? Diese beiden Kabel finden sich auf dem Cover des neuen American-Analog-Set-Albums „Know By Heart“ und bilden dort vorne ein Herz und hinten eine Schlinge. Soll heißen: Herzensangelegenheiten sind immer auch Schmerzensangelegenheiten.

So weiß man schon nach wenigen Songs von „Know By Heart“: Hier machen sympathische Menschen, die um manche Unbill des Lebens wissen, Musik für ebenso sympathische Menschen, denen das Leben nicht immer gut mitspielt, die aber nie den Glauben verlieren an Güte, Schönheit und Wahrheit.

Fast von selbst versteht es sich, dass man solche Musik nicht im Dutzend billiger an Supermarktkassen bekommt. American Analog Set sind eine der vielen amerikanischen Indiebands, die stetig vor sich hin werkeln, ohne dass eine größere Öffentlichkeit von ihnen Notiz nehmen würde; eine Band, die ihre Alben bei Labels wie Emperor Jones oder Tigerstyle oder gleich im Selbstverlag veröffentlicht und das mit Bedacht. Denn Popstardom steht hier nicht im Bandentwurf. Lieblingsmusik macht man am liebsten selbst, und in einer Band spielt man, weil das Spaß macht, weil Freunde mitmachen und nicht weil eine Karriere winkt. Indie bedeutet hier Lebenshaltung, Enthusiasmus, Musik. Der Rest ergibt sich. Oder eben nicht.

Mitte der Neunziger tauchten American Analog Set das erste Mal mit der Single „Diana Slowburner II“ und dem Album „The Fun of Watching Fireworks“ auf – mit Songs, die ein bisschen schlurfig wirkten, aber hypnotisch waren, die von unermüdlichen Gitarren getragen wurden und einer nicht weniger unermüdlichen Farfisa-Orgel: Lo-Fi-Dream-Pop, wenn man so will. Mit diesem Sound stellte die Band natürlich keinen Originalitätsweltrekord auf; er weckte aber schöne Erinnerungen an Bands wie die Feelies und Galaxy 500, an Stereolab oder Seefeel. Monotonie und Alltag, Bescheidenheit und innere Größe, Allesbrenner und Slowburner, kurzum: Musik von neuen Driftern, die sich nichts machen aus Metropolen wie L. A. oder New York und auch nicht aus der eigenen Heimatstadt. Denn American Analog Set kommen aus der Country-Folk-Hochburg und South-by-Southwest-Stadt Austin und wirken hier genau so fehl am Platz wie etwa die Kampfrockband … and you will know us by the Trail of Dead.

Nach zwei weiteren Alben und der mutigen Best-of-Compilation „Through The 90ties“ haben American Analog Set jetzt mit „Know By Heart“ ihr Meisterwerk abgeliefert: Entspannt ist das, lässig, aber mit dem nötigen Drive; mit Keyboards, die unaufdringlich sind und den sachte treibenden Gitarren nicht mehr ins Gehege kommen. Ganz tief fällt man da, aber nie weich. „We’re Computerizing And We Just Don‘t Need Anymore“ heißt der Schlusssong, der bedeuten soll: Wir versuchen genau das Gegenteil davon zu beweisen. Wenn sie dann in gar nicht so ferner Zeit plötzlich von der Bildfläche verschwinden sollten, so wie einst, sagen wir: Salem 66 oder Big Dipper, ist eines sicher: In einigen Herzen bleiben sie ein Leben lang präsent. GERRIT BARTELS

Sonntag, 22 Uhr, Bastard@Prater, Kastanienallee 3–5, Prenzlauer Berg

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