: Bewegung, wie haste dir verändert!
Widerstand International will die Proteste in Bremen gegen den EU-Gipfel in Sevilla begleiten – geballt im Viertel, mit zwei „Info-Points“
Banken und Versicherungen haben sie, FDP und Bahn bestimmt längst – und „Widerstand International“ droht jetzt ebenfalls mit dieser Errungenschaft der neueren Art: dem „Info-Point“, vulgo „Stand“.
Am 20. Juni wollen die Bremer Aktivisten ganz geballt loslegen, gleich zwei „Info-Points“ im Viertel einrichten: Und zwar anlässlich des von den Gewerkschaften geplanten Generalstreiks in Spanien am Freitag. Und wegen des am Wochenende folgenden EU-Gipfeltreffens im sonnigen Sevilla. Um die drohende Privatisierung des Gesundheitswesens und der Bildung soll es ab 14 Uhr vor Penny am O-Weg und ab 14.30 Uhr, keine 500 Meter entfernt, auf dem Ziegenmarkt gehen.
Auch die kritische Begutachtung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr, des Aufbaus von Kriseninterventionskräften in Europa, der „Festung Europa“, der wirtschaftlichen und sozialen Ursachen von Migration sowie des „Sozialabbaus unter dem Deckmantel der EU“ ist geplant – genau wie in Sevilla, wo Globalisierungsgegner gleichzeitig mit den europäischen Präsidenten aufmarschieren wollen. So weit, so gut.
„Auch für Bremen ist es wichtig, sich diesen Protesten anzuschließen“, heißt es dann in einer einseitigen Presseerklärung von „Widerstand International“ – natürlich leider am besten per „Info-Point“.
Man merke: Offensichtlich wollen die Bremer Leute von „Widerstand International“ ihr Image abstreifen. Weg von Jute, Tofu und Latzhosen, hin zu mehr Servicequalität im Informations- und Protestzeitalter.
Hoffentlich ist auch der Rest der Info-Truppe auf dem neuesten „Stand“. Idealerweise stellt man sich das am 20. also so vor: In Spanien liegt alles lahm, keine Bahn, kein Bus fährt mehr, kein Flugzeug fliegt mehr, Randalierer und friedliche Protestler aus ganz Europa stecken im Stau, ergehen sich aber trotzdem schon in unbändiger Gipfel-Vorfreude.
In Bremen hingegen stehen gelb beschlipste, gegelte Widerständler in Sakkos am „Info-Point“, verteilen Anti-Globalisierungs-Luftballons, antirassistische Lutscher und Vierfarb-Infobroschüren gegen Sozialabbau, auf denen im Kleingedruckten auch noch „Projekt 18“ steht. 18 – steht das für die anvisierte Zahl der Teilnehmer? Oder für das Alter, das die Initiierer alle mal erreichen wollen? Nichts für ungut, endlich steht das Viertel auf. Aber: Mensch, Bewegung, wie haste dir verändert! ksc
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