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Der Finanzwissenschaftler Lorenz Jarass schlägt eine neue Umsatzsteuer für Unternehmen vor

BERLIN taz ■ Das deutsche Steuersystem krankt daran, dass große Vermögen und Einkommen zu wenig zur Steuer herangezogen werden. Das sagt Lorenz Jarass, Finanzprofessor an der Fachhochschule Wiesbaden, wenn er in deutschen Parteigremien referiert – von der CSU über die SPD bis zur PDS. Das Defizit der staatlichen Haushalte sei eine logische Folge der einseitigen Bevorzugung der Konzerne, so Jarass.

Auf ihre Einnahmen würden Unternehmen nicht mehr annähernd den Steuersatz bezahlen, den der Staat normalen Beschäftigten abverlange. Als Beleg führt Jarass an, dass die Körperschaftssteuer auf Firmengewinne im Jahr 2000 umgerechnet 24 Milliarden Euro Einnahmen erbracht habe – im internationalen Vergleich schon ziemlich wenig. Nach der rot-grünen Finanzreform zahlten die Unternehmen 2001 unter dem Strich gar keine Körperschaftssteuer mehr. Stattdessen kamen Rückerstattungen aus der Staatskasse. Auch in den ersten Monaten 2002 bekamen sie Körperschaftssteuer zurück.

Als Gegenmittel schlägt Jarass unter anderem die Einführung einer Wertschöpfungssteuer für Unternehmen vor. Zurzeit gilt der Gewinn einer Firma, die Differenz aller Einnahmen und Ausgaben, als Basis der Besteuerung. Der Profit aber lässt sich durch vielfältige Verrechnungsmethoden beinahe beliebig beeinflussen, also auch gegen null manipulieren. Das sei, so Jarass, bei der Größe der Wertschöpfung nicht so leicht möglich. Die Wertschöpfung eines Unternehmens ist im Prinzip der Umsatz minus des Werts der eingesetzten Vorprodukte. Den Umsatz freilich kann eine Firma nicht gegen null rechnen, denn sonst würde sie ihre Existenz in Frage stellen. Die neue Steuer könne die alten Abgaben auf den Gewinn ersetzen, so Jarass. KOCH

Lorenz Jarass, Gustav Obermair: „Wer soll das bezahlen? Wege zu einer fairen und gerechten Besteuerung“. Marburg 2002

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