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Letztes Lausitzrennen abgewunken

Die Betreiber der Formel-1-Rennstrecke Lausitzring melden Insolvenz an. Damit hat sich ein weiteres ambitioniertes Prestigeprojekt in Brandenburg zerschlagen – und dabei für 48 Arbeitsplätze 120 Millionen Euro Fördermittel versenkt

von KATHINKA LÜBBEHÜSEN

Es war schon zu DDR-Zeiten ein Traum, der sogar Eingang in den letzten Fünfjahrplan fand. Nach der Wende sollte die ehemalige Braunkohlegrube in der Lausitz dann tatsächlich zu einer Goldgrube werden – mit dabei bei der Formel 1 und mit bis zu 1.500 festen Arbeitsplätzen. Zu 48 Mitarbeitern haben es die Betreibergesellschaften des Lausitzrings tatsächlich gebracht. Gestern wurde wahr, was sich schon länger angekündigt hat: Das Landgericht Cottbus teilte mit, dass die Lausitzring Betriebs- und Management Gesellschaft mbH, die Lausitzring GmbH & Co. KG sowie die Verwaltungsgesellschaft Lausitz Eurodrom Insolvenz angemeldet haben.

Hinter den Unternehmen stehen die zur Bankgesellschaft Berlin gehörende Immobilien- und Baumanagement GmbH (IBG), der technische Überwachungsverein Dekra sowie der Landkreis Oberspreewald-Lausitz. Und lange konnten sich diese drei nicht über die Zukunft des Prokjekts einigen. Die IBG hätte gerne alle Anteile gehabt, um dann den Lausitzring im Ganzen so schnell wie möglich an einen zahlungsfähigen Investor abgeben zu können. Der Landkreis wäre bereit gewesen, sich von seinem Anteil zu trennen. Die Dekra jedoch sperrte sich. „Wir werden nicht verkaufen. An unserer Position hat sich nichts geändert“, sagte Dekra-Sprecher Volker Dede noch vor rund einer Woche. Dieser Disput endete nun in der Pleite, da diese vertrackten Gesellschafterstrukturen interessierte Investoren abschreckten.

Am 20. August 2000 war der Lausitzring nach rund zweijähriger Bauzeit eröffnet worden. 120.000 Zuschauerplätze und vier verschiedene Rennstrecken auf dem 570 Hektar großen Gelände sollten ihn zu Europas modernster Renn- und Teststrecke machen. Mit viel Tamtam und einem damals hoffnungsvollen brandenburgischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) hatten sich die Betreiber mit diesem Tag auf die Siegerstrecke begeben wollen.

Doch entgegen der großen Hoffnungen war das Projekt schon bald zum Scheitern verurteilt – Airbags gab es scheinbar keine. Die Formel 1 weigerte sich, vom Hockenheimring zur Lausitz-Rennbahn umzuziehen. Stattdessen musste sich der Lausitzring mit Champ-Car-Rennen zufrieden geben. Zudem fanden sich keine Investoren, die die Begeisterung Stolpes teilten.

Auch dass Hans-Jörg Fischer, Chef der Betreibergesellschaft, den Lausitzring in „Eurospeedway“ umbenannte, weil sich das „international besser vermarkten lässt“, wie er dem Spiegel sagte, half auch nicht. Statt auf dem Asphalt sah man Geschwindigkeit in dem Verpuffen der Investitionen. Wolfgang Rupf, damaliger Chef der Bankgesellschaft Berlin, organisierte 35 Millionen Euro, nachdem er alles „mit wirtschaftlichem Sachverstand analysiert, geprüft und dann durchgeboxt“ hatte. Mit weiteren 12 Millionen finanzierte er ein Hotel sowie mit 18 Millionen Euro Park- und Campingplätze.

Doch schon Anfang 2001 musste die Bank eine drohende Pleite mit 60 Millionen Euro Einsatz verhindern. Insgesamt 158 Millionen Euro kostete der Lausitzring im südbrandenburgischen Kreis Oberspreewald-Lausitz. Und statt Reifengummi von Formel-1-Wagen verbrannten auf der Strecke 122 Millionen Euro des Landes Brandenburg. Die Verluste des Geschäfts trug die IBG bisher alleine.

Mit dem Lausitzring schwinden auch die Hoffnungen des Ostens auf neue Besuchermagnete. Die strukturschwache und unter hoher Arbeitslosigkeit leidende Region konnte bisher bis auf Waldstadt Wünsdorf, Deutschlands größtes Konversionsprojekt, keines ihrer Prestigeprojekte durchbringen: Erst kürzlich meldeten auch Luftschiffbauer Cargolifter und der ehemalige Trabi-Hersteller Sachsenring Zwickau AG Konkurs an.

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