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„Zweifel an mir sind überflüssig“

Interview SABINE HERRE und JAROSLAV ŠONKA

taz: Herr Mečiar, Ihre Partei, die „Bewegung für eine demokratische Slowakei“, ist ein Phänomen. Während sich alle anderen Parteien der Slowakei ständig spalten, hat es bei Ihnen seit der Gründung vor über zehn Jahren fast keine Änderung gegeben. Liegt das an Ihrer Person?

Vladimír Mečiar: In der Slowakei gibt es heute für 5,3 Millionen Einwohner 109 Parteien. Allein in dieser Legislaturperiode, also seit den letzten Wahlen 1998, hat sich die Zahl der Parteien im Parlament um 12 erhöht. Ein Drittel der Abgeordenten gehört gar keiner Partei an. Da diese Parteienkrise besonders die Linken betrifft, haben wir uns entschlossen, uns als Partei der Mitte zu definieren. Eine Partei auf der Basis von christlichen, nationalen und sozialen Werten. Auf diese Weise hat uns – egal ob wir in der Regierung oder in der Opposition waren – immer ein Drittel der Slowaken unterstützt.

Was sind Ihre drei wichtigsten politischen Ziele?

Erstens die Integration in die Nato. Zweitens die Integration in die EU. Und das dritte Ziel ist damit verbunden, der wirtschaftliche Aufschwung. Vorläufig stagniert die slowakische Ökonomie. Um nur eine Zahl zu nennen – wir haben 25 Prozent Arbeitslose! Und eine Prognose geht davon aus, dass es schon bald 30 Prozent sein könnten.

Was würden Sie nach den Wahlen im September wirtschaftlich denn anders machen als die jetzige Regierung?

Wir haben ein großes Handelsbilanzdefizit. Wir müssen also Maßnahmen ergreifen, die es uns ermöglichen, Importe und Exporte zu regulieren. Zugleich verbraucht die Slowakei mehr, als sie produziert. Die Einnahmen aus der Privatisierung sind verbraucht. Wir können nicht länger über unsere Verhältnisse leben. Dazu sind entschiedene Maßnahmen nötig, doch diese werden nicht populär sein.

Ihre wichtigsten Ziele sind also die Integration in Nato und EU. Allerdings gibt es aus den USA zahlreiche Stimmen, die davor warnen, eine Slowakei unter Ihrer Regierung in das Bündnis aufzunehmen.

Wir haben sehr begrüßt, dass die europäischen Nato-Länder die Slowakei unter die Länder eingereiht hat, die im November in die Nato aufgenommen werden sollen. Gleichzeitig hören wir jedoch, dass die US-Regierung wünscht, dass unsere Regierung bis zu diesem Nato-Gipfel gebildet ist, und dass es eine Regierung sein soll, der sie vertrauen können. Wenn es um die Zweifel an meiner Person geht, so meine ich, dass sie völlig überflüssig und unbegründet sind, weil in der Slowakei keine undemokratischen Parteien existieren. Die Frage der Vertrauenswürdigkeit einer Regierung sollte am Beginn einer Diskussion stehen, nicht Anlass einer Ablehnung sein.

Umfragen zufolge ist jedoch die Mehrheit Ihrer Anhänger immer noch gegen die Nato.

Die Anhänger meiner Partei sind für die Nato. Überhaupt liegt die Zustimmung zu Allianz und EU bei uns sehr hoch. 60 Prozent sind für einen Nato-Beitritt, 80 Prozent für EU-Integration.

Sie selbst waren ja nicht immer für die Nato. So haben Sie sich in einem Gespräch in den USA mit dem ehemaligen Nato-Gegner Solana verglichen, der später Generalsekretär der Allianz wurde.

Ich war immer für die Nato. Schließlich war ich es, der den slowakischen Antrag auf Nato-Mitgliedschaft gestellt hat. Selbstverständlich passierten in dieser Zeit auch Fehler, die zu Missverständnissen führten. Wenn ich diesen Solana-Vergleich benutzte, wollte ich damit sagen, dass sich Menschen ebenso wie Regime ändern können. Man versteht sich in den westlichen Demokratien heute doch auch hervorragend mit den früheren Kommunisten.

Das heißt also, dass alle Politiker im Westen Sie falsch verstanden haben?

Wenn in der Frage unserer Haltung zur Nato Zweifel vorhanden waren, so waren sie überflüssig und unbegründet. Wir hatten und haben ein Interesse an der Mitgliedschaft in der Nato. Tatsächlich haben wir 1996/97 keine positive Bewertung der politischen Stabilität unseres Landes erhalten. Man muss aber doch fragen, was wir vier Jahre nach der Entstehung einer selbstständigen Slowakei leisten konnten.

Wenn Vertreter der Nato oder der EU deutlich machen würden, dass mit Ihnen als Premier der Beitritt verzögert wird, würden Sie auf das Amt des Premiers verzichten?

Ich war schon dreimal Ministerpräsident. Das ist doch etwas. Wenn ich nun gefragt werde, ob ich ein viertes Mal Premier werden möchte, so muss ich sagen, dass sich diese Frage mir so nicht stellt. Das Problem ist: In der Slowakei muss es nach den Wahlen zu einem Kompromiss bei der Regierungsbildung kommen, um die Erwartungen unserer internationalen Partner zu erfüllen. Dazu sind wir bereit. Aber wir wollen sie nicht vor den Wahlen treffen. Dies wäre nicht anständig unseren Wählern gegenüber. Auch deshalb, weil wir momentan nicht wissen, welche Partei wie stark werden wird.

Wenn Ihre Partei die Regierung stellen sollte, wird dann der Zeitplan der Slowakei für den EU-Beitritt eingehalten? Oder möchten Sie das ein oder andere bereits abgeschlossene Kapitel wieder öffnen?

Die Kapitel, die schon abgeschlossen sind, werden nicht wieder geöffnet. Das ist schließlich eine Verpflichtung der Slowakei. Wenn es jedoch um die Einhaltung dieser Verpflichtungen geht, so werden sie einer Kontrolle unterworfen und werden Gegenstand von Verhandlungen sein. Die Annäherung an die Standards der Union wird eine Generationenfrage sein.

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