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„Wir planen keine Ruinen“

Offshore-Windmühlen sind unwirtschaftlich, behaupten zwei Experten aus Schleswig-Holstein und werfen den Planern der Rotor-Parks windige Berechnungen vor. Die Windkraft-Branche ist empört

Windkraft-Gegner jubilieren: Die Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit von Offshore-Windparks seien allesamt falsch. Das verkünden jedenfalls der Hamburger Unternehmensberater Lothar Schedereit und ein Abteilungsleiter aus dem Kieler Umweltministerium, Gustav Sauer. In ihrer Studie „Offshore-Windparks – eine Investitionsfalle?“ werfen sie den Planern der Rotoren-Parks vor, die störungsbedingten Ausfallzeiten der Windkraftanlagen zu unterschätzen. Bau und Betrieb von Offshore-Windparks, schlussfolgern sie, kämen einer „Kapitalvernichtung“ gleich.

Bei Anlagenbauern und Planern von Offshore-Windparks hat das Papier harsche Proteste hervorgerufen. „Das geht doch völlig an der Realität vorbei“, regt sich etwa Martin Bretag von der Bremer Energiekontor AG auf. Freerk Nanninger von der Prokon Nord Energiesysteme GmbH aus Leer, die bereits eine Genehmigung für zwölf Pilotanlagen vor Borkum hat, kann über die Studie nur den Kopf schütteln: „Ich weiß nicht, woher die überhaupt wissen wollen, wie wir kalkuliert haben.“ Sauers Arbeitgeber, das Kieler Umweltministerium, geht ebenfalls auf Distanz und betont, das Papier sei ein „reines Privatvergnügen“ des Abteilungsleiters gewesen.

Hauptargument von Schedereit und Sauer ist die Wahrscheinlichkeitsrechnung. Die riesigen Rotoren, schreiben sie, würden eventuell nicht nur einer nach dem anderen ausfallen, sondern – mathematischen Modellen zufolge – auch zum Teil gleichzeitig kaputt gehen. Die Folge: Die Wartungsmannschaften auf hoher See kämen mit den Reparaturen nicht mehr nach, die Anlagen stünden längere Zeit still, die erzeugte Strommenge und damit die Einnahmen wären weit geringer als bislang prognostiziert – „ein Investitionsgrab“.

„Kein Betreiber hat doch Interesse daran, irgendwelche Investitionsruinen zu bauen“, hält Nanninger dagegen. Die Ausfallzeiten seien bereits mit einkalkuliert, zudem liege ein spezielles Wartungskonzept für die Offshore-Parks bereits in der Schublade. Inmitten der 208 vor Borkum geplanten Windmühlen werde Prokon Wohncontainer und ein Ersatzteillager errichten. „Unsere Service-Crew wird rund um die Uhr vor Ort sein“, kündigt Nanninger an.

Heiko Wuttke vom Rotor-Bauer AN Windenergie GmbH aus Bremen lässt ebenfalls kein gutes Haar an der Studie. Er verweist auf Windparks mit mehreren hundert Anlagen an Land. Probleme, ausgefallene Module zügig zu reparieren, gebe es dort nicht. Das gleiche gelte für bereits laufende Offshore-Parks vor der dänischen Küste. „Gehäufte Störungen würden sofort auffallen“, ist er sich sicher.

„Die Branche hat ja nicht geboomt, weil die Anlagen still stehen“, sagt auch Energiekontor-Mann Bretag. Im Gegensatz zu den Behauptungen Schedereits und Sauers bliebe auch der Abriss der Windparks am Ende ihrer Betriebszeit nicht auf dem Steuerzahler liegen: „Jeder, der sich da auskennt, weiß das.“

Armin Simon

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