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Witzig ist das Studentenleben

In der Komödie „Party Animals“ werden die Scherze verdichtet, bis sie die Qualität namenloser Blödheit erreichen

Der Regisseur Walt Becker ist in der Filmbranche noch relativ unbekannt, denn „Party Animals“ ist sein zweiter Film, und sein erster handelte von einer Kuh. Seine Drehbuchautoren Brent Goldberg und David T. Warner sind vor allem durch den Kurzfilm „Saving Ryan’s Privates“ auffällig geworden, der die Geschichte tapferer Soldaten erzählt, die das bedrohte Genital eines Kameraden eines Tages in denkbar heldenhafter Weise retten. Nun haben Becker, Goldberg und Warner eine gemeinsame Anstrengung unternommen und einen Film über das Phänomen des Langzeitstudiums gedreht – oder zumindest über das, was sie dafür halten.

Man kann sagen, dass Becker, Goldberg und Warner sich dem Thema nur recht oberflächlich genähert haben, weshalb sie jene Mittel, derer eine tiefere Auseinandersetzung bedurft hätte, wohl auch nur angedeutet haben. Und weil Charaktere, Charakterentwicklung und potenzielle Sinnzusammenhänge folglich nur bedingt vorhanden sind, war es eine kluge Entscheidung, den Mangel mit einem sensationell niedrigen Produktionsstandard zu flankieren. Weil der Film aber auch eine Komödie ist, gibt es immerhin viele Witze. Es gibt dumme Witze, abgedroschene Witze und billige Witze. Es gibt einen Hundesperma-Witz, einen Abführmittel-Witz und einen Witz über eine Stripperin mit Blähungen. Es gibt erschütternd inhaltsfreie Dialoge, eine drastisch sentimentale Liebesgeschichte und einen indischen Austauschstudenten namens Taj Mahal Badalandabad. Dass sich Becker, Goldberg und Warner von den Ansprüchen der Hochkultur leiten ließen, kann man vielleicht nicht behaupten. Dafür haben sie das Gesamtwerk der Farrelly-Brüder (vor allem „Kingpin“ und „Verrückt nach Mary“) so eingehend studiert wie andere „Citizen Kane“.

Doch ist das auch lustig? Gewiss! Stur und unbeirrt haben Becker und die anderen an ihren hoffnungslos unoriginellen Scherzen festgehalten, sie ausgefeilt, verdichtet und immer mehr angereichert, bis schließlich vor lauter angehäufter Quantität eine neue Qualität erreicht war: eine Qualität namenloser Blödheit. Es gibt sogar eine Geschichte. Darin geht es um den Studenten Van Wilder (Ryan Reynolds), die lebende Partylegende des Coolidge College, einer angesehenen Universität, an der Wilder viele Freunde und Einfluss gewonnen hat, um seinen Abschluss seit mittlerweile sieben Jahren erfolgreich zu vermeiden. Zu Anfang des Films sieht man jedenfalls Vans Vater, der über das hedonistische Treiben seines Sohnes derart entrüstet ist, dass er ihm den Geldhahn zudreht. An dieser Stelle hebt die Dramaturgie das erste und das letzte Mal an, und Van macht, was er am besten kann: Um finanziell zu überleben, schmeißt er eine Wahnsinnsparty. Genauer gesagt schmeißt er sogar viele Wahnsinnspartys – ungefähr für jede Fachschaft und Studentenverbindung, die seinen Preis bezahlt. Weshalb die beliebte Schauspielerin Tara Reid, die man aus den eher respektablen „American Pie“-Filmen kennt, nun bald die Szenerie betritt, um als Reporterin des Studentenblattes das Phänomen Van Wilder aus der Nähe zu studieren.

Natürlich muss sie sich in ihn verlieben, natürlich muss auch er sich in sie verlieben, natürlich hat sie einen Freund. Und weil dieser Freund eklig ist und Richard heißt, verpasst man ihm den Spitznamen Dick, was in der Folge unweigerlich zu vielen unschönen Dick-Witzen führt. Weil den Machern zwar eine erhebliche, dennoch aber begrenzte Anzahl von Dick-Witzen eingefallen ist, beendet Van noch schnell sein Studium und schließt Tara für immer in seine Arme. Dann ist Schluss. Doch „Party Animals“ wäre kein Hollywoodfilm, wollte er sein Publikum nicht etwas lehren. Dass das Leben keine Party ist, zum Beispiel. Dass die Studienzeit zwar dazu da ist, Spaß zu haben, mit möglichst vielen Menschen zu schlafen und ein, zwei Bier über den Durst zu trinken, dass man aber danach an die Zukunft denken muss. Dass man seinen Abschluss machen soll, damit etwas aus einem wird. Dass man besser eine Familie gründet, um Kinder in die Welt zu setzen, die man dann vor den Stumpfsinnigkeiten dieses Films bewahrt. So gesehen ist „Party Animals“ auch ein widersprüchliches Werk. HARALD PETERS

„Party Animals“. Regie: Walt Becker. Mit Ryan Reynolds, Tara Reid, Teck Holmes, Kal Penn u. a. USA 2002, 95 Min.

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